Stimmen aus dem Jenseits: «The Message» in Bochum
Bochum/dpa. - «Höhere Mächte befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen» betitelte der Maler Sigmar Polke als Ironie auf den künstlerischen Geniekult eines seiner Werke.
Erstmals in Deutschland dokumentiert das Museum Bochum jetzt in einer umfangreichen Ausstellung Arbeiten von 25 Künstlerinnen und Künstlern, die sich selbst als das Medium «höherer Mächte» gesehen haben. Mal sind es geheimnisvolle Klopfzeichen, mal Stimmen aus dem Jenseits, die die Anregung zu den Zeichnungen oder Gemälden gegeben haben sollen. Sie begleiten die Kunstgeschichte als eigenwilliger Nebenweg ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, fanden nach der wissenschaftlichen Neugierde der jungen Psychoanalyse seit dem Surrealismus auch künstlerische Anerkennung.
In der Ausstellung «The Message - Das Medium als Künstler» ist die oft erschreckende, aus verborgenen seelischen Quellen gespeiste Schaffenskraft dieser «Besessenen» vom 16. Februar bis zum 13. April zu betrachten. Ob es wirklich Geister als Kunstanreger gibt, «das können und wollen wir nicht beweisen», erklärt das Kuratorenteam der außergewöhnlichen Schau, für die nur schwierig ein Museum zu finden gewesen sei. «Es geht um eine psychische Befindlichkeit, die sich bildnerisch niederschlägt», begründet Bochums Museumschef Hans Günter Golinski sein Interesse.
Zu den Pionieren der «mediumistischen» Kunst gehörte der Franzose Victorien Sardou, dessen an den Symbolismus angelehntes «Haus Mozarts auf dem Jupiter» (1858) als fein ziselierte Radierung eines der schönsten Werke der Schau ist. Jüngste und immer noch unvollendete Arbeit ist das 1995 begonnene «Weltrettungsprojekt», für das die Berlinerin Vanda Vieira-Schmidt mehr als 500 000 Zeichnungen zu monumentalen DIN-A-4-Papiersäulen schichtete.
Vielfach ist es eine bedrückende Zwanghaftigkeit, die aus den oft formatfüllenden Ornamenten, Schraffuren oder Endlos-Schriften spricht und die nichts mit individueller Erfinder-Freiheit «normaler» Künstler zu tun hat. Allerdings setzen die großformatigen, zumeist von Kreisformen dominierten Gemälde der Schwedin Hilma af Klint von 1907/08 in Erstaunen, deren früher Weg in die Abstraktion gern parallel zu Wassily Kandinsky gesehen wird.
Hier und da werden die direkten Vorbilder - von bürgerlichen Bibel-Bildchen wie bei den 1912/13 entstandenen schwärmerischen Heiligenmotiven der Schweizerin Catherine-Elise Müller bis zum floralen Jugendstil in den zartfarbenen Fantasie-Porträts einer Französin - deutlich sichtbar. Wo sind hier die «Geister», die ihren Medien, oft biederen Handwerksleuten oder Bäuerinnen, zur künstlerischen Inspiration verhalfen?
Abgerundet wird die nur in Bochum zu sehende Schau von historischen «okkulten» Fotografien, mit denen das Treiben der Geister bewiesen werden sollte. Ein Liftboy aus Chicago gibt in einer Filmdokumentation unumwunden zu, dass er aber auch einen halben Kasten Bier braucht, bevor er - sonst rein mit Gedankenkraft - seine Motive auf die Polaroids «zaubert».