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St. Martin St. Martin: Niederländer und Franzosen teilen Karibikfreuden

Von Bernd Kubisch 09.12.2003, 13:20
Idylle in Grand Case: St. Martin besitzt fast 40 Strände. (Foto: dpa)
Idylle in Grand Case: St. Martin besitzt fast 40 Strände. (Foto: dpa) Bernd Kubisch

Philipsburg/Marigot/dpa. - St. Martin ist der EU weit voraus. Auf der halb niederländisch, halb französischen Insel sind die Grenzen offen - nicht seit ein paar Jahren wie etwa zwischen Paris, Den Haag und Berlin, sondern schon seit Menschengedenken. «Meinen Führerschein habe ich immer dabei, meinen Pass so gut wie nie», sagt Robert Chittick. Der 64-Jährige, der nur Englisch spricht und einen EU-Pass der Niederlande hat, pendelt oft zwischen «seiner» Hauptstadt Philipsburg und dem französischen Marigot. «Von uns Einheimischen nimmt kaum einer die Grenze wahr», sagt der Hotelangestellte.

Das Eiland im Norden der Kleinen Antillen mit heute knapp 60 000 Bewohnern ist ein karibisches Unikum. Kolumbus soll die Insel am 11. November 1493, am Tag des Heiligen Martin, gesichtet haben. So entstand wohl der Name. Schon 1648, vor mehr als 350 Jahren, wurde die Insel geteilt. Zu jener Zeit lieferten sich auf den Nachbarinseln die Kolonialmächte noch blutige Kriege, doch im Falle St. Martins einigten sich Holland und Frankreich auf friedliche Koexistenz mit Freihafenstatus. So ist die auch von Deutschland aus per Flugzeug gut erreichbare Insel heute ein Shoppingparadies und eines der beliebtesten Kreuzfahrtziele. Die Flasche Rum gibt es ab drei Euro. Beim Kauf einer edlen Uhr können 40 Prozent und mehr gespart werden.

Durch die Frontstreet im niederländischen Philipsburg und ihre Einkaufspassagen wälzen sich schwitzend und Tüten schleppend bis zu 5000 Tagesgäste. Die weißen Ozeanriesen mit teilweise mehr als 2000 Passagieren liegen in Sichtweite am Pier. Im französischen Marigot auf der Nordseite der Insel geht es lässiger und eleganter zu. Im Atlantik glitzern Edelyachten und kleinere Kreuzfahrtschiffe im oberen Preissegment. An der Marina Royale genießen die Gäste Austern und nippen am französischen Wein. Am kleinen Hafen, wo auch Fähren aus dem britischen Anguilla und französischen St. Barths festmachen, herrscht quirliges Markttreiben.

Hier vermengen sich alle Hautfarben. Es wird Französisch und Englisch gesprochen. Auch Spanisch und das auf dem Französischen basierende Patois ist häufig zu hören, seltener Niederländisch, das die Kinder in und um Philipsburg in der Schule lernen. Besonders melodisch klingt der Dialekt Papiamento. Die Mischsprache wird in vielen Familien auf den holländischen Inseln Aruba, Bonaire und Curacao gesprochen, von denen viele Einwohner St. Martins stammen.

Der französische Teil gehört zum Übersee-Departement Guadeloupe und ist fester Bestandteil Frankreichs. In und um Marigot ist der Euro offizielle Währung, auch in vielen Läden in Philipsburg wird er akzeptiert. Der US-Dollar wird überall gern genommen - auch im niederländischen Teil, wo der Antillen-Gulden die offizielle Währung ist.

Touristen können sich auf St. Martin an fast 40 Sandstränden räkeln und unter Hunderten von Restaurants und Bars aller Preisklassen wählen. Im «Gourmet-Dorf» Grand Case zwischen Meer und Salzlagune schmecken gegrillter Hühnerschenkel ab zwei und das Bier ab gut einem Euro. Abends servieren Edelrestaurants Lobster und Champagner bei Kerzenschein und Pianomusik für 100 Euro und mehr. Grand Case ist von Marigot in 20 Minuten im Minibus zu erreichen. Von Marigot nach Philipsburg sind es gut 30 Minuten. Der französische Busfahrer begrüßt zwei US-Touristen auf Englisch, eine Haitianerin auf Patois und Freunde, die aus Santo Domingo stammen, auf Spanisch.

Dass St. Martin ein Vielvölkergemisch ist, merkt der Besucher auch an den vielen Gotteshäusern: Anglikaner sind ebenso vertreten wie Katholiken, Adventisten, Moslems und Hindus. Doch auch die sozialen Unterschiede sind groß. Der Bus fährt vorbei an massiven Villen, bunt bemalten Karibikhäusern und wackeligen Hütten. Etliche Bewohner von ärmeren Inseln leben hier ohne Papiere.

Gegen illegale Einwanderer, Schleuser mit Booten und Drogenhändler treten die Polizeikräfte nun entschlossener und geeinter auf. Auch die Touristenvertretungen beider Inselhälften haben erkannt: «Gemeinsam sind wir stärker.» Vieles ist und bleibt aber verschieden: Viele Franzosen finden es zum Beispiel unmöglich, dass ihre Nachbarn schon an mehr als ein Dutzend Casinos Lizenzen vergeben haben. Und auf niederländischer Seite wird die Nase darüber gerümpft, dass sich an der französischen Orient Bay auch die Nackten tummeln dürfen.

Länderübergreifend geht es jedoch in der Hotelanlage «Captain Oliver's» am Oyster Pond zu: Personal und Gäste wechseln mehrmals täglich unbemerkt die Grenze. Die Gästezimmer befinden sich auf französischem Boden, doch durch den Garten sind es nur 20 Meter bis zum Restaurant, das im holländischen Teil Sint Maarten liegt.

Informationen: Fremdenverkehrsamt Guadeloupe, Postfach 14 02 12, 70072 Stuttgart (Tel.: 0711/505 35 11, Fax: 0711/505 35 12);Arbeitsgemeinschaft Karibik, Friedberger Anlage 21, 60316 Frankfurt (Tel.: 069/40 59 37 77, Fax: 069/40 59 37 76)