Sportpolitik Sportpolitik: Ohne Reformen ist Deutschland nicht konkurrenzfähig
Berlin/dpa. - Der deutsche Spitzensport muss in seinen Strukturen effizienter werden und die Entwicklung von der Talentsichtung, der sportliche Karriereplanung bis zum Leben nach dem Hochleistungssport noch stärker umfassen.
«In konsequenten und innovativen Reformen liegt unsere Chance. Wenn das nicht gelingt, werden wir auf Dauer nicht konkurrenzfähig sein und weiter absteigen», sagte der Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, Helmut Digel, in Berlin bei der Präsentation einer Olympia-Studie, die er als Forschungsauftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) durchgeführt hat.
Der Sportsoziologe und sein Team unterzogen die Hochleistungssportsysteme der acht Länder Australien, China, Frankreich, Großbritannien, Italien, USA, Russland und Deutschland einer Analyse und gaben Anregungen für Veränderungen im deutschen Spitzensports, der von Rang drei bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta auf Platz sechs in Athen abgerutscht ist. «Alle haben identische Probleme zu lösen. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede dabei», betonte Digel.
Empfohlen werden eine stärkere Einbindung der Schule und die sportübergreifende Talentsuche, die Zentralisierung an Hochleistungssportzentren, Etablierung einer leistungssportfreundlichen Schulkultur, Optimierung der Trainerausbildung bis hin zur Verbesserung der Sozialstruktur des Trainerberufs und eine stärkere wissenschaftliche Unterstützung. Australien habe nach den Worten von Digel im Hinblick auf die professionellen Strukturen in der Talentauswahl und Talentförderung einiges zu bieten. Scouts wie im Fußball spüren Talente auf.
«Wenn wir unsere Ressourcen optimal ausschöpfen, sind wir nach wie vor international konkurrenzfähig und können auch weiterhin zu den besten Nationen gehören. Aber die Investitionen der konkurrierenden Nationen sind gewaltig, insbesondere im Hinblick auf Peking 2008.» Man gehe davon aus, dass China die USA das erste Mal übertreffen könnte und Russland zur alten Stärke zurückgefunden habe.
Die 73 Millionen Euro, die von der Bundesregierung für den deutschen Hochleistungssport zur Verfügung gestellt werden, bezeichnete Digel als «ausreichend, beispielhaft und verlässlich über einen langen Zeitraum». In diesem Zusammenhang forderte er ein größeres Engagement durch die Wirtschaft und kritisierte, dass das Fernsehen in allen acht Ländern ausschließlich auf die Quotensportarten ausgerichtet sei. «Viele Sportarten bezahlen für Übertragungen, was ein Skandal ist. Diese Entwicklung verfolge ich mit Sorge, sie gefährdet den olympischen Sport», sagte Digel.