Schwimmen Schwimmen: Wunderknabe Phelps macht Rückzieher

Long Beach/dpa. - «Wunderknabe» Michael Phelps hat Angst vor dereigenen Courage bekommen und wird bei den olympischen Schwimm-Wettkämpfen in Athen «nur» über fünf Einzelstrecken starten. Erverzichte auf die 200 m Rücken, erklärte der Teenager am Mittwoch inLong Beach, als er bei seinem letzten Auftritt am Schlusstag der US-Trials von Supermodel Cindy Crawford werbewirksam vorgestellt wurde.«Mit dem jetzigen Programm fühle ich mich am wohlsten», begründetePhelps seine Entscheidung. Es ermögliche ihm am ehesten, so wie MarkSpitz 1972 in München sieben Goldmedaillen zu gewinnen. Für dieEinstellung des Jahrhundertrekords ist eine Prämie von einer MillionDollar ausgelobt worden.
Phelps, der sich bei den Trials als erster Schwimmer für sechsolympische Einzelstarts qualifiziert hatte, wird über 100 m und 200 mSchmetterling, 200 m Freistil sowie 200 m und 400 m Lagen um dieMedaillen wetteifern. Außerdem kommt der vierfache Weltmeister inbeiden Freistil-Staffeln und möglicherweise auch im Lagen-Quartettzum Einsatz. Letzteres entscheidet sich erst bei den Spielen währenddes Wettbewerbs über 100 m Schmetterling. Zwischen Phelps und IanCrocker haben die Trainer die Wahl. Der Schnellere bekommt dasTicket. Bei den Trials siegte Crocker, indem er seinen Weltrekord um22/100 auf 50,76 Sekunden verbesserte, vor Phelps (51,15).
Die Verantwortlichen des maximal jeweils 26 Frauen und Männerumfassenden Teams werden in der griechischen Hauptstadt sicher nichtnur an ihrem 19 Jahre alten Phänomen aus Baltimore Freude haben. Dieachttägigen Trials vor über 100 000 Zuschauern in dem auf einemParkplatz errichteten Freiluftbecken nutzten die Athleten zu einereindrucksvollen Demonstration ihrer Stärke. Sechs Weltrekorde durchPhelps (200 m Lagen), Aaron Peirsol (200 m Rücken), Crocker (100 mSchmetterling), Brendan Hansen (100 und 200 m Brust) und Amanda Beard(200 m Brust) sowie eine Vielzahl weiterer Weltklassezeiten sprechendafür, dass die Amerikaner für die Verteidigung ihrer seit denSpielen 1992 anhaltenden Dominanz bestens gerüstet sind.
In geheimen Hochrechnungen geht man davon aus, dass die«Traumausbeute» von vor vier Jahren in Sydney, als die Schwimmer mitinsgesamt 33 Medaillen (14 Gold/8 Silber/11 Bronze) mehr als einDrittel aller Plaketten des gesamten US-Olympia-Teams (97)erkämpften, in Athen noch übertroffen wird. Männer-Chefcoach EddieReese, der im texanischen Austin die Weltrekordhalter Peirsol, Hansenund Crocker trainiert, behauptete: «Unsere Erwartungen sind schonenorm, denn wir können die stärkste Männer-Mannschaft seit 1976aufbieten». Vor 28 Jahren in Montreal triumphierten die US-Boys inzwölf von 13 Wettbewerben.
«Wir sind bereit, um wieder Geschichte zu schreiben», frohlockteFrauen-Cheftrainer Marc Schubert, der sein Team als eine «sehr guteMischung aus erfahrenen Führungspersönlichkeiten und blutjungenTeenagern» pries. Auf der Baleareninsel Mallorca wollen sich alleihren «Form-Feinschliff» holen. «Wir werden optimal vorbereitet inAthen erscheinen», versicherte Jenny Thompson, die am Schlusstag derTrials als Siegerin über 50 m Freistil in 25,02 Sekunden ihrenzweiten Startplatz sicherte. Am Fuß der Akropolis erlebt die 31-Jährige ihre vierten Olympischen Spiele. Es sollen definitiv ihreletzten sein. Deshalb will die achtmalige Olympiasiegerin auch nocheinmal «richtig zuschlagen». Zehn olympische Goldmedaillen besitztnoch niemand. Thompson möchte die Erste sein.