Schwimm-EM Schwimm-EM: Boykott des DSV 1962
Leipzig/dpa. - Sportlich gesehen fand die 10. EM in der sächsischen Messestadtein mehr als versöhnliches Ende. 750 Aktive aus 23 Nationen sorgtenfür zwei Welt-, acht Europa- sowie 90 Landesrekorde. «Wir haben extrain Leipzig ein 55-Yard-Becken neben dem Schwimmstadion bauen lassen.Darin wollten wir den Amerikanern die Rekorde klauen», erzählt derdamalige DDR-Verbandstrainer Julius Jule Feicht. Studenten derDeutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) sollten Gewohnheiten deranderen Nationen wie etwa den hohen Kaffeekonsum der Franzosenauskundschaften, berichtet der im vergangenen Jahr 80 Jahre altgewordene Feicht.
Während im Leipziger Sportforum die Schwimmer um die Siegewetteiferten, schickte der DSV seine Athleten in die USA. «Nachdemeinige von uns Sportlern gegen den Beschluss protestiert hatten, gingman zumindest nicht einfach so zur Tagesordnung über, sondernsponserte uns die Reise zu den amerikanischen Meisterschaften»,erinnert sich der Darmstädter Freistilschwimmer Hans-Joachim Klein.Seine Kritik am Beschluss hatte keinen Erfolg, weil keine öffentlicheMeinung dafür vorhanden war.
Als damals 20-Jähriger hatte sich «Little Klein» bei deneuropäischen Titelkämpfen Medaillenchancen ausgerechnet. Seine Klassekonnte er erst bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio unter Beweisstellen, als er ein Mal Bronze und drei Mal Staffelsilber (4 x 100 mFreistil, 4 x 200 m Freistil, 4 x 100 m Lagen) holte - letztmalig ingesamtdeutschen Staffeln, die das in Leipzig getrennte Freistil-Quartett Klein, Gerhard Hetz, Frank Wiegand und Horst-Günter Gregorwieder zusammen führte.
«Kontakte zwischen den Sportlern wurden durch die DDR-Führungeingeschränkt. Da gab es manch bösen Blick vom Beckenrand», erzähltOst-Schwimmer Wiegand. Und wenn es ein finsteres Lächeln gab, danntrafen sich Ost und West erst recht - heimlich nach gemeinsamenWettkämpfen, aber auch zu Wiegands Hochzeit in der damaligen DDR.
Intensiv pflegen die Freistilexperten und ihre Familien die langeFreundschaft seit der Wiedervereinigung. Gerhard Hetz lud dieSportkameraden bereits in seine neue mexikanische Heimat ein. Kleindagegen zieht 40 Jahre nach der Absage des DSV-Teams wiedererfolgreich seine Bahnen in Leipzig. Beruflich als Chef der LeipzigerVersorgungs- und Verkehrsgesellschaft, sportlich als Schwimmer beider HSG DHfK. Enge Kontakte wie zum Senioren-Trainer Jürgen Dietze,Europameister in der Lagenstaffel 1962, und der DDR-Rekordschwimmerin Gisela Weiß-Engelhardt aus Leipzig sind heuteallerdings erwünscht.