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Schmelztiegel Surinam Schmelztiegel Surinam: Üppige Natur und alle Hautfarben der Welt

06.04.2001, 06:16

Paramaribo/dpa. - Besucher spüren davon zumindest auf den ersten Blick aber nur wenig. Ihnen fällt zunächst vor allem das friedliche Zusammenleben im Schmelztiegel Surinam auf. So steht neben der großen Moschee in der Hauptstadt Paramaribo eine schlichte Synagoge. Moslems und Juden beten hier seit Jahren friedlich Tür an Tür. Hindutempel und christliche Gotteshäuser sind nur wenige Straßen entfernt. Die von Herrnhutern, einer evangelischen Gemeinschaft mit Wurzeln in Sachsen und Mähren, im Jahre 1778 erbaute Stadtkirche ist aus Holz, ebenso wie zahlreiche Regierungsgebäude.

Inderinnen in farbigen Saris und Chinesen mit gelben Basthüten; eine Frau, deren Vorfahren aus Java stammen, schützt ihre helle Haut mit einem Sonnenschirm; eine schwergewichtige Schwarze mit kunstvoll getürmtem Haarteil hält in einer Hand einen Korb mit Zuckerrohr, Mangos, Melonen und Cassava, an der anderen ihre kleine Tochter - all das ist Alltag in Surinam. Nur 440 000 Einwohner hat das im Süden an Brasilien grenzende Land, ist dabei aber fünf Mal so groß wie die Niederlande.

Einen ihrer Ursprünge hat die multikulturelle Gesellschaft Surinams in der Abschaffung der Sklaverei. Die Farm- und Kolonialherren waren dadurch gezwungen, sich in anderen Teilen der Welt nach billigen Arbeitskräften umzusehen. In der Folge entstand eine kleine Völkerwanderung von Asien nach Surinam.

Doch neben dem friedlichen Miteinander kennzeichnet das Land zunehmend eine bittere Armut und die galoppierende Inflation. Konnte es sich zum Beispiel ein Lehrer vor 15 Jahren noch leisten, seinen Flug zu den Verwandten nach Holland selbst zu zahlen, bekommt er für das gleiche Geld.heute höchstens noch eine Flasche Bier. Die Löhne sind niedrig, die Mehrheit der Menschen ist verbittert über Fehden, Korruption und Vetternwirtschaft quer durch alle Parteien. Geschäftsleute, Hoteleigentümer und Ausflugsveranstalter klagen seit Jahren darüber, dass Europäer - auch Deutsche - in der Regel ein Visum zur Einreise brauchen und so der Tourismus gebremst wird.

Die Helden der Nation sind dagegen die dunkelhäutigen Buschmenschen, die «Maroons», wegen ihrer Lebensgewohnheiten auch Flussmenschen genannt. Ihre Vorfahren streiften das Joch der Sklaverei ab und flohen vor etwa 300 Jahren in die Freiheit in Busch und Dschungel, wo sie an Wasserläufen neue Gemeinschaften gründeten. Ihre Verfolger bekämpften sie erfolgreich mit Guerilla-Taktik und Giftpfeilen.

Die mutigsten der Buschmenschen, der Stamm der Saramacca, lebt bei der Flussinsel Kumalu - von Paramaribo aus mit dem Propellerflugzeug in 90 Minuten zu erreichen. Wer mehr Zeit hat, kann sich dem ursprünglichen, entbehrungsreichen Leben der Buschmenschen aber auch mit dem Schiff nähern. Zwischen zwei und drei Tagen dauert die Anreise dann.

Die Vorfahren der Saramacca hatten als erste den Sklavenhaltern erfolgreich den Kampf angesagt. Gäste des Stammes schlafen in einfachen Hütten. Das Wasser zum Duschen unter Palmen kommt aus dem sauberen Fluss, der zugleich Verkehrsader und wichtigster Lebensmittellieferant ist. Neben der Fischerei betreiben die Ureinwohner ein wenig Land- und Gartenwirtschaft, halten ein paar Schweine und Hühner und bauen ein wenig Gemüse und Obst an.

Auch sonst haben sich hier viele Traditionen gehalten, Missionierungsversuche etwa zeigen bis heute nur oberflächliche Erfolge. So geht es im Anschluss an den Kirchenbesuch nach wie vor zum Beispiel zum Riesenbaum, um dort zu den Naturgöttern zu beten - Afrika ist bei den Flussmenschen weiter tief verwurzelt.

Informationen: Arbeitsgemeinschaft Lateinamerika, Domeneckerstraße 19, 74219 Möckmühl (Tel.: 06298/92 92 77, Fax: 06298/92 92 78; Honorargeneralkonsulat der Republik Suriname, Adolf-Kolping-Straße 16, 80336 München (Tel.: 089/55 33 63, Fax: 089/59 70 64).