Schlittenhunde Schlittenhunde: Wo die Huskies heulen
Halle/MZ. - Rudi Zoeller fährt seit zwanzig Jahren Hundeschlitten. Gemeinsam mit seinem Partner Holger Allion bringt er Hundefreunden im Schwarzwald das "Mushing" bei, wie der Sport auf Englisch heißt. "Einige von euch sind mit der Idee hier, sich selbst Huskys zuzulegen", warnt Rudi, "heute Abend wird keiner mehr daran denken." Mehr als zehn Stunden arbeitet er täglich mit den Tieren und für sie. Kein Gedanke an Urlaub, das Familienleben findet erst am späten Abend statt. Holger züchtet Alaska-Malamuten, die "Frachtlokomotiven des Nordens", kräftige wolfsähnliche Arbeitshunde. Rudi hat 14 kleinere Huskys, drahtige Schlittenhunde mit hellblauen Augen. Alle Kursteilnehmer müssen mit anpacken, als Rudi und Holger ihre Lieblinge aus den Transportanhängern befreien.
Sobald die Tiere die Schlitten sehen, heulen sie vor Tatendrang. Noch etwas ungelenk nehmen die "Musher"-Azubis die Hunde in den Arm und setzen ihnen ihr Frühstück vor: warme Kraftbrühe mit Trockenfutter. Gemeinsam wird das Anlegen des Geschirrs geübt, mit dem die Huskys vor den Transportschlitten gespannt werden. Einmal mit ihm verbunden, sind die Tiere kaum zu halten, zwei Anker aus Stahl müssen als Bremse in den Schnee gekrallt werden.
Rudi erklärt die Kommandos: "Go" heißt "Vorwärts", "Ho" bedeutet links und "Chi" rechts. "Go, Amchatka", treibt er die erfahrene Leithündin an, und das Gespann setzt sich in Bewegung. Sind sie erst einmal in Fahrt, geben die Hunde keinen Laut mehr von sich. In der Mittagspause erzählt Rudi, wie er "auf den Hund gekommen" ist: Im finnischen Inari hatte er seine erste Begegnung mit einem Musher. Zehn Jahre lang besuchte er danach Züchter, verglich, dachte nach, begann schließlich dem Hundeschlittensport. Die Isolation kam zwangsläufig - soviel Hunde sind nicht gesellschaftsfähig. Trotzdem schwärmt Rudi mit zärtlichen Lächeln: "Ich würde es nie mehr anfangen, aber ich habe es auch noch keinen Tag bereut." Tierschutz ist oberstes Prinzip: "Kein Tier wird abgegeben, wir sind Geburtshelfer und Totengräber unserer Hunde." Zunächst als Sonderlinge abgetan, weiß man ihren Einsatz im Schwarzwald inzwischen zu würdigen, nicht zuletzt als touristische Attraktion. Beim zweiten Teil des Seminars ist einigen mulmig bei dem Gedanken, sechs Laufhunde unter Kontrolle zu halten. Die erste Lektion: "Anfahren am Berg". Das Anschieben des Schlittens zum Unterstützen der Hunde erfordert die ganze Kraft. Auf dem Schlitten, der bis zu vierzig Stundenkilometer schnell wird, gilt voller Körpereinsatz beim Lenken und Bremsen.
Erst am späten Nachmittag sind die Tiere müde und ziehen den Schlitten zielstrebig zurück. Mit Kraftbrühe gestärkt, springen sie in ihre Transportkäfige. Klappe zu, Hund ruhig. Die Kursteilnehmer sind sich einig: "Knuddelige Tiere, schöner Sport, anstrengende Arbeit". Huskys will sich keiner mehr zulegen. Zum Abschied verteilt Rudi die Musher-Diplome. "Good mush!" gibt er uns noch mit auf den Weg.