1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Schauspieler vor Gericht: Ensemble-Vorstellung "Der Prozess"

Schauspieler vor Gericht: Ensemble-Vorstellung "Der Prozess"

13.03.2019, 13:15
Die Schauspieler Markus Majowski (l-r), Marianne Sägebrecht, Joern Hinkel, Regisseur, Ronny Miersch und Thorsten Nindel. Foto: Swen Pförtner
Die Schauspieler Markus Majowski (l-r), Marianne Sägebrecht, Joern Hinkel, Regisseur, Ronny Miersch und Thorsten Nindel. Foto: Swen Pförtner dpa

Bad Hersfeld - Die Schauspieler mussten zeitweilig auf der Anklagebank Platz nehmen und wurden sogar - aus Spaß - in eine Haftzelle geführt: Mit einer ungewöhnlichen Vorstellung seines Ensembles hat Joern Hinkel als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele das Publikum auf die 69. Theatersaison eingestimmt. Weil Hinkel das renommierte Freilicht-Festival am 5. Juli mit Franz Kafkas Klassiker „Der Prozess” eröffnen wird, wählte er für die Vorstellung einiger Schauspieler am Mittwoch einen authentischen Ort: einen Sitzungssaal des Amtsgerichts Bad Hersfeld.

Mit dabei im Gerichtssaal war Marianne Sägebrecht. In Hollywood arbeitete sie in „Der Rosenkrieg” bereits mit Weltstars wie Michael Douglas und Danny DeVito. In Bad Hersfeld spielt die 73-Jährige die mütterliche Haushälterin des Josef K. Sie habe keine Sekunde gezögert, als die Anfrage kam. Voller Vorfreude auf die Saison sagte sie: „Mein Herz ist so weit.” Hinkel freut sich über die Bayerin: „Sie ist eine Schauspielerin, die so viel Warmherzigkeit und Humor ausstrahlt, wie ich es selten erlebt habe.”

Die Hauptrolle des Josef. K., der sich vor Gericht verantworten muss, übernimmt Ronny Miersch. „Ich habe beim Vorsprechen sofort gesehen, dass er der Richtige ist.” Miersch sagte: „Ich freue mich wahnsinnig auf die Rolle. Es gibt wenige Figuren, die spannender sind.” Und zusammen mit der Bühne in der imposanten Stiftsruine werde es ein beeindruckendes Erlebnis, sagte Miersch, der in der Vergangenheit festes Ensemble-Mitglied am Schauspielhaus Bochum war und dort 2012 als bester Nachwuchskünstler ausgezeichnet wurde. Hinkel sagte über Miersch, ihn fasziniere seine Präsenz: „Mit vollkommener Ernsthaftigkeit spielt er die komischsten Szenen.”

Intendant Hinkel, der die Eröffnungspremiere selbst inszenieren wird, sagte, er wolle den Humor und die Leichtigkeit in Kafkas Werk zur Geltung bringen. Deswegen habe er auch die Rollen der beiden Wächter mit ausgewiesenen Komikern besetzt: Markus Majowski („Die Dreisten Drei”, Sat.1) und Thomas Maximilian Held („Sechserpack”, Sat.1). Ingrid Steeger („Klimbim”) wird eine Nachtclub-Sängerin verkörpern.

Nach Einschätzung von Hinkel ist „Der Prozess” von Kafka „der erste Psychothriller der Weltliteratur”. Das Werk sprühe vor komischen, absurden Situationen, sei manchmal tiefsinnig und traurig, aber genauso naiv und verspielt. Für die Zuschauer sei von Vorteil: Man könne es ohne Vorkenntnisse begreifen und müsse sich nicht erst einlesen.

Im neuen Musical „Funny Girl” (Regie: Stefan Huber) spielen Katharine Mehrling, Alen Hodzovic sowie Heinrich Schafmeister („Comedian Harmonists”). Auf der Nebenbühne Schloss Eichhof ist Karsten Speck in „A Long Way Down” zu sehen (Regie: Christian Nickel). Als vierte Neu-Inszenierung gibt es „Emil und die Detektive” nach dem Buch von Erich Kästner. Das Musical für kleine und große Zuschauer wird auch Intendant Hinkel inszenieren. Erneut gezeigt wird das Musical „Hair” sowie „Shakespeare in Love”. Als neue Veranstaltungsstätte wird im Sommer das Museum neben der Stiftsruine einbezogen, für kleinere Theaterstücke und in Lesungen im Rahmenprogramm. Der querschnittsgelähmte Schauspieler Samuel Koch wird mitwirken. Im Rahmenprogramm wird Sängerin Annett Louisan ein Konzert in der Stiftsruine geben (29. Juli).

Der Etat liegt auf dem Vorjahresniveau von rund acht Millionen Euro, wie die kaufmännische Leiterin Andrea Jung sagte. Der Vorverkauf laufe gut. Der Renner sei bislang das Musical „Funny Girl”, aber auch „Der Prozess” werde ordentlich nachgefragt. (dpa/lhe)