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Sat.1 Sat.1: «Tief wie der Ozean»

15.02.2002, 20:52

Berlin. - Die Fotografin Beth Cappadora liebt ihre drei kleinen Kinder über alles. Dann passiert eines Tages etwas Unvorstellbares: Als sie mit ihren Kids in einem Hotel in Chicago eincheckt, wird der dreijährige Ben von einer Geistesgestörten entführt. Obwohl die Polizei sofort eine Großfahndung einleitet und sich vor allem die Polizistin Candy mit großem persönlichem Einsatz engagiert, bleibt der Junge spurlos verschwunden. Beth fällt in tiefe Depressionen, vernachlässigt ihre Karriere und bewältigt den Alltag nur mit Mühe. Allein ihr Mann Pat hält die Familie mit unermüdlicher Energie zusammen. Neun Jahre später - die Cappadoras sind gerade umgezogen - erkennt Beth in einem Jungen aus der Nachbarschaft ihren Sohn Ben wieder. Als wissenschaftliche Untersuchungen Beths Vermutung bestätigen, ist ihre Freude unermesslich. Aber bald tauchen ernste Probleme auf: Ben fühlt sich bei seinen Adoptiveltern, die nichts von seiner Entführung wussten, wohl und hat keine Erinnerung mehr an seine leiblichen Eltern. Beth muss zu ihrem großen Schmerz erkennen, dass ihr eigener Sohn nicht bei ihr leben möchte...

Eine positive Erwähnung in Talkmasterin Oprah Winfreys Buchclub katapultiert ein Buch fast unweigerlich zum Erfolg. Jacqueline Mitchards Roman "Tief wie der Ozean" aus dem Jahr 1996 um ein komplexes Familiendrama war damals Oprahs erste Vorstellung und avancierte sofort zum Bestseller. Die Verfilmung durch den renommierten Regisseur Ulu Grosbard ist ein souverän inszeniertes, perfekt besetztes Melodram, das in keiner Sekunde in einem Meer der Gefühle ertrinkt (wie es der Titel vielleicht befürchten lassen könnte). Grosbard hat diese Story mit Tränengarantie nämlich nicht auf Effekte abgeklopft, sondern auf Wahrhaftigkeit. Ihn interessieren nicht die Extreme von totaler Depression (nach der Entführung) und totalem Happy End (nach Bens Wiederauftauchen), sondern die komplizierten Gefühle und schwierigen familiären Prozesse während eines langen Zeitraums. Jeder kommt in Grosbards präziser Inszenierung zu Wort: Familienvater Pat, der seine Frau immer wieder trösten muss und deshalb seine eigenen Ängste verbirgt; Bens älterer Bruder Vincent, der im Moment der Entführung auf Ben aufpassen sollte und unter Schuldgefühlen leidet, und schließlich Ben selbst, der plötzlich zwischen seinen Adoptiv- und seinen leiblichen Eltern hin- und hergerissen ist. Am Ende von "Tief wie der Ozean" steht eine ebenso wahre wie schmerzhafte Erkenntnis: Mit dem Wiederauftauchen von Ben ist die "alte"Familie nicht automatisch wieder hergestellt - es besteht nur die Hoffnung, dass in vielen kleinen Schritten eine neue Familie entsteht...