Rumänien Rumänien: Zu Pferd durch die Karpaten
Halle/MZ. - Alles wirkt hier wie vor hundert Jahren - sogar der Reitlehrer Pop. Wie ein Landsknecht thront der Mann mit schwarzem Bart auf seinem Rappen. Seinen braunen Mantel hält ein prächtiger Ledergürtel zusammen. Pop ist einer der wenigen, die in Rumänien ausgedehnte Reittouren für Touristen anbieten, für 70 Euro pro Person und Tag. Zwölf Pferde hat Mugur Pop in seinem Stall.
Wie hingekleckst liegen in den Apuseni uralte, mit Reisig gedeckte Bauernhäuser in der Landschaft. Mit etwas Glück sieht man Bären, am ehesten im Frühling, wenn die Tiere aus dem Winterschlaf erwachen. Mit etwa 5 000 Tieren hat Rumänien die größte Bärenpopulation Europas. Kaum eine Asphaltstraße stört die Natur. Urlauber kommen am besten zu Pferd, per Mountainbike und im Winter auf Schlitten vorwärts. Autofahrer sollten einen Geländewagen mit Allradantrieb haben.
Zur touristischen Hauptattraktion der Gegend, der Eishöhle Scarisoara am Dorf Gârda de Sus, führt nur eine Schotterpiste. In die Höhle gelangt man durch eine bewaldete Schlucht und über eine klapprige Metallstiege. Unten glitzert Eis, darunter die so genannte Kathedrale, deren Form an triumphale Gotik erinnert. Dieses Naturwunder ist ein Überbleibsel der Eiszeit, erklärt Cristian Ciubotarescu. Der 37-Jährige ist der einzige Arzt in der Streusiedlung und zugleich der einzige - ehrenamtliche - Touristenführer. Bis vor kurzem stand ihm für Krankenbesuche ein Pferdewagen zur Verfügung. Doch befand das Gesundheitsamt, dass das Futter für das Pferd zu teuer sei. Also fährt der Doktor, Absolvent des deutschsprachigen Gymnasiums in Bukarest, nun auf eigene Kosten im Geländewagen zu den Kranken. Anders als andere Kollegen hat der Idealist auf einer Stelle in der abgelegenen Apuseni bestanden - aus Liebe zur Landschaft und zu den Höhlen.
Man kommt vom Hundertsten ins Tausendste mit dem Doktor, beim doppelt gebrannten Schnaps Tzuika in der Pension "Scarisoara", ganz in der Nähe der Höhle. Zuvor hatte Wirtin Iuliana Pasca einen dampfenden Balmos serviert, die siebenbürgische Variante des Maisbreis, die früher nur die Brautwerber aufgetischt bekamen.
Die Apuseni waren, wie ganz Siebenbürgen, bis zum Jahr 1918 österreichisch-ungarisches Territorium. Interessant war die Gegend wegen der reichen Bodenschätze, darunter Gold und Silber. Bei Zlatna und Abrud verschandeln heute Schlote und Halden vom Bergbau die Landschaft. Doch sonst ist es ein Paradies an Natur und Ursprünglichkeit. Erst seit kurzem richten die Bauern Pensionen ein. Wirtin Iuliana tischt auf, als wären ihre Gäste allesamt Verwandte. Neben der neuen Pension steht das alte hölzerne Bauernhaus, wo die Großmutter noch wie "Anno dazumal" wohnt.
Doktor Ciubotariu hält gerne lange Schwätzchen mit den seltenen Touristen. Und Reitlehrer Mugur Pop begreift seinen Job nicht nur als Geschäft, sondern vor allem als Passion. Am liebsten, gesteht er, zieht er mit geübten Reitern durch die Gegend. Das geht aber dann im Trab und Galopp.
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