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Roman Polanski in der Schweiz festgenommen

27.09.2009, 13:58

Bern/dpa. - Der weltberühmte Regisseur und Oscar-Preisträger Roman Polanski (76) ist am Samstag bei der Einreise in die Schweiz verhaftet worden. Ihm droht die Auslieferung an die USA, wo er 1977 wegen Verführung einer Minderjährigen angeklagt worden war.

Das bestätigte der Sprecher des Justizministeriums, Guido Balmer, am Sonntag. Der Filmemacher sei auf Grundlage eines US-Haftbefehls in «provisorischer Haft». Polanski, der für den Film «Der Pianist» den Oscar bekam, war vom Filmfestival Zürich eingeladen worden und sollte dort am Sonntagabend für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden.

Wo sich Polanski derzeit befindet, sagte Balmer nicht. Auf die Frage, warum man den Regisseur, der in den vergangenen Jahren häufig vollkommen unbehelligt in der Schweiz war, gerade jetzt festgenommen habe, sagte der Sprecher: «Wir wussten diesmal genau, wann er einreist.» Ob Polanski, der französischer Staatsbürger ist, tatsächlich ausgeliefert wird, müsse nun das Verfahren zeigen.

Die Verhaftung am Flughafen Zürich löste in der Schweizer Filmszene Protest und Empörung aus. Das Vorgehen der Behörden sei nicht nur eine «groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheuerer Kulturskandal», schrieb der Verband der Regisseure. Die Verhaftung werde dem Land weltweit Schaden zufügen, kritisierte der Verband Filmregie und Drehbuch. Es sei eine «Ohrfeige ins Gesicht aller Kulturschaffenden in der Schweiz». Das Festival in Zürich verschob die geplante Ehrung Polanskis «auf einen unbestimmten Zeitpunkt», wollte den Regisseur aber wie geplant mit einer großen «Tribute to Roman Polanski»-Retrospektive würdigen.

Nach Angaben des Schweizer Justizministeriums werfen die US-Behörden Polanski sexuelle Handlungen mit einem minderjährigen Mädchen in Los Angeles vor. Damals hatte der polnisch-französische Filmemacher zugegeben, die 13-Jährige in der Villa seines Freundes Jack Nicholson mit Champagner und Drogen zum Sex verführt zu haben - was in Kalifornien automatisch als Vergewaltigung gilt.

Ein US-Haftbefehl liegt bereits seit 1978 vor. Polanski konnte ihm durch die Flucht nach Frankreich entgehen. Seitdem hat er die USA nie wieder betreten. Auch zur Oscar-Verleihung im Jahr 2003, wo er für «Der Pianist» als bester Regisseur ausgezeichnet wurde, hatte er die Einreise nicht gewagt. Seit Ende 2005 fahndeten die US-Behörden weltweit nach ihm. Trotzdem konnte Polanski zum Beispiel im Frühjahr 2009 ohne Probleme seinen neuen Film «The Ghost» mit Stars wie Pierce Brosnan und Ewan McGregor in Deutschland drehen, unter anderem auf Sylt.

Sein damaliges Opfer hat Polanski längst öffentlich verziehen. Im Mai war der Regisseur dennoch endgültig mit seinem Antrag gescheitert, das Vergewaltigungsverfahren in Kalifornien nach 32 Jahren endlich für geschlossen zu erklären. Ein Gericht in Los Angeles hatte sein Ersuchen abgelehnt und das persönliche Erscheinen des Regisseurs gefordert.