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Robert Enke Robert Enke: Hannover bereitet sich auf gigantische Trauerfeier vor

Von Claas Hennig und Sandra Degenhardt 13.11.2009, 15:23
Der Torwart von Hannover 96, Robert Enke, winkt im Spiel gegen Mainz in Richtung der Fans. (FOTO: DPA)
Der Torwart von Hannover 96, Robert Enke, winkt im Spiel gegen Mainz in Richtung der Fans. (FOTO: DPA) dpa

Hannover/dpa. - 45 000 Gäste - darunter viel Prominenz aus demFußball und der Politik - wollen am Sonntag (11.00 Uhr/ARD) in derAWD Arena Abschied von dem Fußball-Profi nehmen. Vor dem Stadionwerden noch einmal Zehntausende Menschen auf einer Großbild-Leinwanddie Übertragung der Andacht verfolgen.

Die Betroffenheit nach dem Selbstmord des beliebten Spielers, derunter Depressionen und Versagensängsten litt und nur 32 Jahre altwurde, ist zumindest in der deutschen Sporthistorie einmalig. Diegrößte Trauerfeier in der deutschen Nachkriegsgeschichte fand nachdem Tod von Konrad Adenauer statt. Als der erste Bundeskanzler imApril 1967 starb, defilierten fast 300 000 Menschen in einemTrauerzug am Sarg des Politikers vorbei.

Auch Joachim Löw ist noch weit von der Normalität entfernt. Dochder Bundestrainer muss zunehmend die Balance zwischen Trauer undneuen Aufgaben finden. Während die Nationalspieler um Michael Ballacküber ein ganz persönliches Gedenken von Enke in Form einesAbschiedsspiels sinnierten, arbeiteten Löw und Teammanager OliverBierhoff im Hintergrund bereits an den Details für das letzteLänderspiel des Jahres am Mittwoch gegen die Elfenbeinküste.

Zugleich ging am Freitag die Diskussion um die Konsequenzen undLehren aus dem Unglück des Nationalspielers weiter. DFB-PräsidentTheo Zwanziger ist überzeugt, dass Enkes Tod den deutschen Fußballverändern werde. «Wenn wir Robert Enke gerecht werden wollen, müssenwir dazu kommen, dass im Fußball jeder ohne Angst leben kann. Mitseinen Stärken, Schwächen und Neigungen», forderte er in der «Bild»-Zeitung.

Der renommierte Sportsoziologe Gunter Gebauer hat hingegenZweifel. «Der Profifußball hat sich zu einer unerbittlichen Weltentwickelt. Das macht einen Teil seiner Faszination aus: Er fordertvon seinen Helden den Sieg über alle Gegner», kritisierte derPhilosophie-Professor in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Profisport träume vom «unfehlbaren Athleten», aberdieser Mythos sei nicht nur naiv, sondern auch äußert gefährlich.

Florian Holsboer, Direktor des Max-Planck-Instituts fürPsychiatrie, befürchtete im dpa-Interview, dass die sensiblenKünstler weniger werden. «Da werden diese jungen Menschen ohne großeLebenserfahrung in den Mittelpunkt des Interesses gerissen und habenGeld ohne Ende», sagte der Mediziner, der den zurückgetretenenFußball-Star Sebastian Deisler wegen Depressionen behandelt hatte.«Sich damit zurechtzufinden, braucht eine robuste Natur und führtvielleicht auch dazu, dass die Sensibleren, die Künstlertypenvielleicht nicht mehr den Zugang zum Profifußball finden.»

Hannover stand indes auch drei Tage nach Enkes Selbstmord ganz imZeichen der Trauer. Es wurde überlegt, wie er geehrt werden könnte.Ein Platz in Hannover soll Enkes Namen erhalten. In der Politikherrsche weitgehend Einigkeit darüber, berichtete die «HannoverscheAllgemeine Zeitung» (Freitag). Die Fans forderten nachdrücklich, dassdie Trikotnummer «1» bei Hannover 96 nicht mehr vergeben wird.

Mit einem Zitat des tschechischen Schriftstellers Václav Havelgedachte Enkes Frau Teresa in einer großen Todesanzeige ihrem Mann.«Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sonderndie Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht», stand inder Anzeige, die in den beiden Ortszeitungen «Hannoversche AllgemeineZeitung» und «Neuen Presse» am Freitag erschien. Unter dem Spruch desfrüheren Staatspräsidenten hieß es weiter: «In ewiger Liebe - Teresa,Leila und Dein kleiner Engel».

Leila ist die Tochter, die die Enkes erst im Mai diesen Jahresadoptiert hatten. Mit dem «Engel» ist die gemeinsame Tochter Laragemeint. Sie starb 2006 im Alter von nur zwei Jahren. Enke wird amSonntag nach der Trauerfeier auf dem Friedhof im Neustädter StadtteilEmpede neben Lara beigesetzt. Dann ist aber nur noch der engsteFamilienkreis dabei.