Radsport Radsport: Bjarne Riis: Ich habe Jan Ullrichs Zusage

Frankfurt (Main)/MZ. - Die Enttäuschungbeim Team Telekom über die überraschende Trennungvon Jan Ullrich sitzt tief. SportdirektorRudy Pevenage, der zur Zeit die Mannschaftbei der Vuelta betreut, hat "die ganze Nachtkaum geschlafen". Jürgen Kindervater, alsLeiter Sportmarketing bei der Deutschen Telekomzuständig für die Radrennfahrer, ließ seinBedauern in einer offiziellen Pressemitteilungverbreiten: "Wir wollten den Neuanfang mitJan Ullrich und haben ihm bis zum Schlussalle Türen offen gelassen."
Doch Ullrich hat nach einem verlorenen Jahrmit Knie-Operationen, Fahrerflucht unter Alkoholeinfluss,Drogenkonsum und Dopingsperre die Tür zugeschlagen,um eine andere für einen Neubeginn zu öffnen:Die Tür zu seinem Freund und einstigen Kapitänin erfolgreichen gemeinsamen Tour-Jahren,Bjarne Riis, Chef des dänischem Teams CSCTiscali.
Der Däne bestätigte nach einem Gesprächmit Jan Ullrich vor kurzem in Hamburg dasgroße gegenseitige Interesse. "Noch habe ichdas Geld nicht, um einen Jan Ullrich zu bezahlenund ihm ein Angebot zu machen", sagte Riis.Aber er sei in "positiven Gesprächen mit großen,internationalen Sponsoren". Der Name Ullrichsei nun bei den Verhandlungen sehr hilfreich.Die Frage, ob er zu ihm komme, sobald dasGeld zur Verfügung stehe, habe Ullrich miteinem "ganz deutlichen Ja" beantwortet.
Die Aussicht, mit "neuer Motivation", so Ullrich,bei einem Mann seines Vertrauens wie BjarneRiis in die kommende Saison zu starten, dürftenden Radstar beeinflusst haben. Unabhängigvon einer durchaus möglichen Zusammenarbeithabe Jan Ullrich "einen Schritt in die richtigeRichtung" getan. "Ich kenne Jan sehr gut.Erstmals hat er in seinem Leben eine großeEntscheidung getroffen, die seine Persönlichkeitstärken wird", urteilte Riis. Ende der Babysitter-Epoche.
Riis, Tour-Sieger von 1996, sieht in der Ablehnungdes neuen Angebots nach der Vertragsauflösungeinen "Schlag für Telekom". Hatte das Managementdes Teams die Neuverpflichtungen trotz allerUngewissheit und Probleme mit dem Superstardoch ganz auf Jan Ullrich und die Tour 2003ausgerichtet. Giro-Sieger Paolo Savoldelli(Italien), der routinierte Belgier Mario Aertsund das viel versprechende australische TalentCadel Evans seien, wie Team-Manager WalterGodefroot zugab, "zur Unterstützung von Jan"engagiert worden.
"Wir wollten Jan gerne behalten und habenihm auch ein entsprechendes, realistischesAngebot gemacht", sagte Godefroot, der nichtglaubt, dass das Zusammenbleiben nach achterfolgreichen, wenn auch zuletzt turbulentenJahren am Geld gescheitert sei: "Jan wollte,wie man in Deutschland sagt, einen Tapetenwechsel.Und das ist sein gutes Recht." Die Zukunftseines Teams ohne den Tour-Star sieht Godefrootganz pragmatisch: "Wir gehen auch ohne JanUllrich mit einer Spitzenmannschaft in dienächste Saison. Wir sind das Team Telekomund nicht das Team Ullrich. Schließlich habenwir, was offenbar im Moment vergessen zu werdenscheint, mit Erik Zabel den Ersten der Weltrangliste."
Rudy Pevenage, der regelmäßig mit seinem Schützlingund Sorgenkind telefonierte, aber beim letztenGespräch zu Beginn dieser Woche die bevorstehendeTrennung spürte, denkt auch an Jan UllrichsZukunft. "Meine persönliche Enttäuschung legtsich. Das Wichtigste ist, dass Jan die richtigeEntscheidung zu seinem Besten getroffen hat.Aber was dabei rauskommt, werden wir nächstesJahr wissen."