Profiboxen Profiboxen: Außenseiter knockt Mike Tyson in der vierten Runde aus

Louisville/dpa. - Mike Tyson hat die Boxwelt wieder einmal geschockt. Allerdings auf für ihn tragisch Weise. Der «Bad Boy» des Faustkampfes wurde in der Nacht zum Samstag in der Freedom Hall von Louisville im US-Bundesstaat Kentucky vom 1:9-Außenseiter DannyWilliams neun Sekunden vor Ende der vierten Runde durch einenbrutalen Schlaghagel sensationell ausgeknockt. Tysons chaotischeKarriere dürfte damit einen fatalen Ausklang gefunden haben. Und auch das Privatleben des jüngsten Weltmeisters im Schwergewicht scheint endgültig ruiniert zu sein. Einen Schuldenberg von 38 Millionen Dollar hat er abzutragen. Das Defizit kann er nur durchs Boxen begleichen. Deshalb war er nach 17 Monaten in den Ring zurückgekehrt.
Alles schien in der Geburtsstadt von Muhammad Ali auch nach Planzu laufen, obwohl sich Tyson kurz vor Schluss der Auftaktrunde daslinke Knie verdreht hatte. Als Entschuldigung für sein Desaster solldas aber eben so wenig gelten wie der Cut über dem rechten Auge, hießes später aus seinem Lager. Tyson, der in der Umkleidekabine seinemTrainer Freddie Roach tränenreich soufflierte, dass es ihm Leid tue,was er angerichtet habe, blieb ansonsten stumm. Er wurde insKrankenhaus gefahren, um sich einer Computertomographie und einerKniespiegelung zu unterziehen. Außerdem wurde die Augenbraue genäht.
In den beiden ersten Runde hatte der 38 Jahre alte Ex-Championseinen einen halben Kopf größeren, aber 29 Pfund schwererenHerausforderer mit brachialen linken Haken und Aufwärtshaken insWanken gebracht. Das Kampfende drohte, doch der sieben Jahre jüngereWilliams fiel nicht. In der dritten Runde kassierte der einstigeCommonwealth-Meister auch noch zwei Verwarnungen, so dass Tyson nachneun Minuten auf den drei Punktzetteln deutlich mit 30:26, 30:25,30:25 vorn lag.
Danach jedoch änderte sich die Szenerie grundlegend. Nahezu alleder 17 273 Zuschauer in der ausverkauften Arena feuerten Tysonfrenetisch an, doch Williams, der für sein exzellentes Handwerk nurmit 250 000 Dollar entlohnt wurde, konterte in der vierten Rundeentschlossen. Nach gut zwei Minuten ließ er wie besessen seine Fäustefliegen. Mehr als 20 Mal traf er Tyson am Kopf und Körper, ehe «IronMike» nach einer Rechten in den Seilen hängend zu Boden ging.Ringrichter Dennis Alfred nahm sich noch Zeit beim Auszählen. Dochauch das half Tyson nicht, seine fünfte Niederlage im 57. Profikampfwar besiegelt.
«Ich wollte eigentlich mit ihm boxen und ihn erst nach der viertenRunde besiegen. Doch als er mich in der ersten Runde richtig traf,entschied ich, jetzt geht es in den Krieg», sagte Williams, der beiseinem Schlag-Stakkato an Evander Holyfields eindrucksvollen erstenSieg gegen Tyson denken musste. «Mike hat zwar noch immer unheimlichePower in den Fäusten, doch wenn er mit Schlagserien eindeckt wird,erholt er sich nicht schnell genug. Darauf habe ich gebaut», erklärteWilliams seine Erfolgsstrategie. Mit dem 32. Sieg im 35. Kampf ist erüber Nacht zum ernsthaften Anwärter auf einen WM-Kampf geworden. ImFebruar vorigen Jahres war er noch gegen Sinan Samil Sam im Duell umdie EM-Krone durch technischen K.o. in der sechsten Runde unterlegen.
Es sei schwer zu sagen, was Mike künftig machen werde, meinteRoach. Möglich sei es durchaus, dass er jetzt Abschied nehme. «Aufkeinen Fall darf er seine Gesundheit aufs Spiel setzen. Wenn etwasZeit vergangen ist, setzen wir uns zusammen, um über die Zukunft zuberaten», sagte der Coach, der glaubte, dass sein Schützling in denersten zwei Runden alles klar machen würde. Als schwacher Trostbleibt Tyson eine Börse von über acht Millionen Dollar. Allerdingsdarf er nur zwei Millionen behalten. Der Rest geht an die Gläubiger.