Profi-Boxen Profi-Boxen: Holyfield will es allen beweisen
Moskau/Boston/dpa. - Evander Holyfield hat es satt. Er kann dieseständigen Fragen nach seinem Alter nicht mehr hören. «Macht dochnicht immer alles davon abhängig», meint er genervt vor seinemTitelkampf um die Schwergewichts-Weltmeisterschaft nach WBO-Versiongegen den amtierenden Champion Sultan Ibragimow. «Der Arzt hatgesagt, dass ich gesund bin und ich kann mich verteidigen. Also,warum nicht», sagt der Amerikaner, der sechs Tage vor seinem 45.Geburtstag an diesem Samstag in Moskau gegen den knapp 13 Jahrejüngeren Russen Boxgeschichte schreiben und als ersterSchwergewichtler zum fünften Mal Weltmeister werden will.
«Ich glaube, dass ich jeden Tag und zu jeder Uhrzeit gewinnenkann. Mein Ziel ist es, der unbestrittene Schwergewichtschampion zusein», sagt Holyfield. Zuletzt hatte er 1990 nach einem Sieg gegenJames «Buster» Douglas die WM-Gürtel nach IBF-, WBA- und WBC-Versionvereint. Für seine aktuelle Mission geht er weite Wege. Erstmals seit20 Jahren boxt Holyfield wieder im Ausland. Er freue sich am meistendarauf, den Leuten außerhalb der USA zeigen zu können, dass er einGewinner sei, tönte Holyfield vor seiner Russland-Reise. Es ist daserste Mal, dass ein bekannter US-Boxer beim einstigen Klassenfeind zueinem WM-Kampf antritt.
Prompt werden in den amerikanischen Medien Erinnerungen geweckt anden legendären Rocky-Spielfilm aus dem Jahr 1985. In «Der Kampf desJahrhunderts» trifft Sylvester Stallone als Rocky Balboa während desKalten Krieges auf den sowjetischen Stahlschrank Ivan Drago, aliasDolph Lundgren und schlägt ihn K.o. Auch in der russischen Hauptstadthaben sich die Fernsehmacher an den Leinwanderfolg erinnert undIbragimow als Ivan Drago parodieren lassen, um so den Verkauf der TV-Abonnements anzukurbeln. Überhaupt wurde in der Millionen-MetropoleMoskau alles getan, um «The Real Deal» optimal in Szene zu setzen.
So hat nach Angaben der russischen Nachrichten-Agentur Ria-NowostiBürgermeister Juri Luschkow den Veranstaltern aufgrund des weltweitenInteresses eine Sondergenehmigung erteilt, den Kampf erst um 23.00Uhr Ortszeit zu beginnen. Normalerweise müssen öffentlicheVeranstaltungen in Moskau um diese Uhrzeit bereits beendet sein. Soaber sind 120 Länder live dabei, wenn Holyfield Historisches leistenwill. In seiner Heimat ist hingegen kein Hype erkennbar.
Ob ihr Landsmann seinen Traum im fernen Russland wahrmacht,erfahren die Amerikaner nur aus dem Internet. Eine Fernsehübertragunggibt es nicht. Der Boxsender HBO zeigt statt der Schwergewichte dasDuell der Leichtgewichts-Titelträger Juan und Julio Diaz in Chicago.Holyfield hat es traditionell schwer in Amerika. Nach einerNiederlage 2004 gegen Larry Donald, der dritten nacheinander, wurdeer für zwei Jahre wegen «verminderter Fähigkeiten», wie es offiziellhieß, landesweit gesperrt. 2006 trat er trotzdem in Texas in den Ringzurück, wo er vier Fights bestritt und gewann - wenngleich seineGegenüber eher Gaukler als Gegner waren.
Ibragimow hingegen ist ein anderes Kaliber. Der Rechtsausleger hat21 seiner 22 Kämpfe gewonnen, ist noch unbesiegt. «Er ist einaggressiver Boxer, hat schnelle Fäuste. Viele boxen mit einerDoppelkombination, Ibragimow aber kommt mit einer Dreifachen», lobtHolyfield, während der Russe beim Namen seines Gegners regelrechtschwärmt. «Früher habe ich mir immer die Videokassette mitAufzeichnungen seiner Kämpfe angeschaut. Ich hätte nie geglaubt,einmal gegen ihn im Ring zu stehen. Das ist ein Geschenk desHimmels», sagt Ibragimow, der seinen Heimauftritt nicht als Vorteilsieht. «In Moskau werden alle ganz aufgeregt sein, vor dem Kampf zumir kommen und Erfolg wünschen. Ich darf die Leute nichtenttäuschen.» Holyfield hingegen will vor allem seinen Kritikernbeweisen, dass er mit fast 45 Jahren noch das Zeug zum Champion hat.