Polizeiruf 110: Wie ist die Welt so stille
München/dpa. - Der Tatort in dem gepflegten Münchner Vorstadthaus sieht grausig aus: Ein Ehepaar und der Sohn liegen blutüberströmt in ihren Betten, in der Nacht zuvor brutal erschlagen.
Die Fotos der Spurensicherung sind so entsetzlich, dass sie Kriminalhauptkommissar Jürgen Tauber (Edgar Selge) kaum ertragen kann. «Das ist schon komisch, bei allem, was wir gesehen haben. Kalt lassen tut's einen noch immer nicht», meint seine Kollegin Jo Obermaier (Michaela May) mitfühlend. Tauber winkt brüsk ab. In seinem 18. «Polizeiruf 110» wächst dem sensiblen Ermittler das Grauen über den Kopf. «Wie ist die Welt so stille» heißt die Folge an diesem Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD. Doch mit dem lyrischen Schlaflied «Der Mond ist aufgegangen» nach einem Gedicht von Matthias Claudius haben die Geschehnisse wenig zu tun.
Es sind verstörende Bilder, die Regisseur Alain Gsponer («Das wahre Leben») für seinen Film gewählt hat. Lange bleibt unklar, warum das Ehepaar Harms und der 26 Jahre alte Sohn Holger sterben mussten und wer der Täter war. Offenbar hat er sich heimlich ins Haus geschlichen und dort geduldig auf seine Opfer gewartet, um sie dann kaltblütig im Schlaf zu ermorden. Überlebt hat nur die 20-jährige Tochter Maren (Nadja Bobyleva). Sie hat die Nacht bei einer Freundin verbracht und flüchtet sich nun schockiert und gebrochen in die Arme ihres Verlobten Thomas Rösch (David Rott).
Auch Tauber ist am Ende: «Ich bin ein Wrack, ich bin ein Hormonjunkie», stellt er irgendwann resigniert fest. Weil er den Mordfall nicht schnell genug aufklären kann und ihm die Ermittlungen langsam entgleiten, bleibt er nächtelang wach und kippt einen Koffeindrink nach dem anderen in sich hinein. Besessen stürzt er sich in die Arbeit. Gleichzeitig wächst seine Aggressivität. Entsetzt versucht Obermaier, die Ausbrüche ihres Kollegen zu vertuschen. «Das ist doch ein Wahnsinn, was das bei ihm auslöst», stellt sie schockiert fest. Als er immer mehr außer Kontrolle gerät, wird Tauber auf ihr Betreiben in Kur geschickt.
Dass Tauber gerade jetzt von der harten Polizeiarbeit gebeutelt wird, ist kein Zufall. Im Herbst wird Selge mit Michaela May die letzte «Polizeiruf»-Folge für den Bayerischen Rundfunk drehen. Danach übergibt das Duo die Ermittlungen an Stephanie Stappenbeck und Jörg Hube. Wenn Kommissar Tauber sich entsetzt und angewidert vom mitunter schrecklichen Polizistenalltag abwendet, scheint es fast so, als läute er damit allmählich seinen Abschied ein.