Philippinen Philippinen: Reise zum «achten Weltwunder»

Banaue/dpa. - Hinter dem Mäuerchen, auf demsie geschnitzte Heiligenfiguren aufgereiht hat, funkelt das «AchteWeltwunder»: die Reisterrassen von Banaue. Der «Weltwunder»-Titel istkeine offizielle Auszeichnung, doch weniger faszinierend macht diesesManko die Gebirgslandschaft auf der Insel Luzon nicht. Auch der Weghierhin ist ein Erlebnis, das mit der Vorstellung vieler Europäer vomtropischen Südostasien wenig und dafür viel mit Abenteuer zu tun hat.
Seit 2000 Jahren ziehen sich manche der Reisterrassen an denHängen der Cordilleras genannten Region empor, seit 1995 gehören sieals «Kulturlandschaft» zum Welterbe der Unesco. «Igorots» -Bergmenschen - nennen sich die Einheimischen, die sich immer etwasbenachteiligt fühlen gegenüber den Menschen aus den großen Städtender Philippinen.
Die Reise zu den Reisterrassen führt über die Hauptstadt Manilazunächst nach Laoag und dann nach Baguio, eine in rund 1600 MeternHöhe gelegene Stadt. Tagsüber sind die Temperaturen hier deutlichniedriger als im feucht-heißen Flachland von Luzon; nachts kann essogar kalt werden. Erstes Etappenziel hinter Baguio ist der BergMount Data. Meist geht es in Serpentinen bergauf und bergab. DieFahrt wird am besten im Wagen eines Chauffeurs oder Reiseführersangegangen. Wer deutlich billiger vorankommen will, nimmt einen deröffentlichen Busse, muss dafür aber auf einigen Komfort verzichten.
Auch zwischen Baguio und dem etwa 1700 Meter hohen Mount Data,noch weit entfernt von Banaue und dem «achten Weltwunder», haben dieBewohner der üppig grünen Hügel Terrassen angelegt. Viele Hügel sehendadurch ein wenig wie Pyramiden aus. Auf den Terrassen wächst aberkein Reis, sondern Gemüse: Kartoffeln, Salat, Karotten. KleineLaster, die hier «Jeepneys» heißen und die es ab und an zu überholengilt, sind bis zum letzten Quadratzentimeter mit Kohlköpfen beladen.
Zum Härtetest für Europäer gerät das Mittagessen im Gasthaus, vordem Fremdenführer Peter Gawe den Fahrer halten lässt: An der Wandneben dem Eingang lehnt der Kopf einer frisch geschlachteten Kuh.Drinnen schwirren Fliegen um die Holztische, es gibt Rindfleisch mitReis. Und welche dunkle Flüssigkeit schwappt in den Tassen - ist dasetwa heißer Tee? «Nein, das ist Rindersuppe», sagt Peter. Besuchermüssten sich «noch daran gewöhnen, wie das Leben bei uns läuft.»
Am Morgen darauf geht es weiter zum 50 Kilometer entfernten OrtSagada. Obwohl die Straße, die sich die steilen Hänge entlang windet,zum «Autobahnnetz» zählt, ist sie nur abschnittsweise asphaltiert. Wosie das nicht ist, geht es auf Schotter und zum Teil nur imSchritttempo voran. Immer wieder sind Schlammpfützen zu durchqueren.
Vor allem in den Dörfern wird deutlich, dass in den Cordillerasein gemächlicheres Tempo herrscht als im hektischen Manila. Da tollenHunde auf der Straße umher, während ein paar Schritte weiter geradeein Huhn geschlachtet wird. Hinter der nächsten Kurve spazieren dreiKinder Arm und Arm nebeneinander auf dem Asphalt in Richtung Schuleund lassen sich von den hupenden Autos kaum stören.
Sagadas Hauptattraktion sind die Stätten, an denen die Bewohnerbis vor wenigen Jahrzehnten ihre Verstorbenen begraben haben: Wer zumBeispiel hinter dem Ortskern den Pfad zu einer Höhle hinuntersteigt,sieht im Halbdunkel Dutzende an der Felswand aufeinander gestapelteHolzsärge. «Die Leute haben sich damals gegenseitig gefragt: Wolltihr etwa unter der Erde liegen?», erklärt Peter Gawe den Brauch.
Hinter Sagada steht die Abenteuer-Tour dann endlich im Zeichen desReises. Rund um die Stadt Bontoc sind die ersten Terrassen zu sehen.Viele Besucher, die staunend vor den Feldern stehen, bekommen keineVorstellung davon, welch ausgefeilte Technik der Be- und Entwässerunghier angewendet wird. Das gilt im 45 Kilometer entfernten Banaue nochmehr. Denn hier sind die meisten Mauern, die die Terrassen zum Hanghin begrenzen und so dafür sorgen, dass die Reispflanzen immer imWasser stehen, nicht wie in Bontoc aus Stein gebaut. Zumindest ihreOberfläche besteht aus fest gestoßenem Erdreich. Diese Befestigungenin Ordnung zu halten, bedeutet noch mehr Aufwand für die Bauern.
Doch genau dieser Aufwand könnte langfristig das Ende für dieKulturlandschaft und das «achte Weltwunder» bedeuten. Reis ist einBilligprodukt, von dessen Verkauf schon heute viele Familien mehrschlecht als recht leben. Immer wieder ziehen Menschen von hier wegund überlassen ihre Felder der Verwilderung. «Wenn sich die Regierungnichts für die Leute einfallen lässt, sind die Reisterrassen vonBanaue irgendwann vielleicht nicht mehr da», sagt Peter Gawe.
Noch ist es nicht soweit: Wer an einem der Aussichtspunkte Haltmacht, kann eine Fülle von Terrassen in der Sonne funkeln sehen. Unddie junge Frau an dem Mäuerchen kann ihre Heiligenfiguren weiter miteinem der schönsten Arbeitsplätze der Welt im Rücken schnitzen.
Informationen: Philippinisches Fremdenverkehrsamt, Kaiserhofstraße7, 60313 Frankfurt (Tel.: 069/208 93).
