Pferdesport Pferdesport: Flucht vor den Stars
Warendorf/Lausanne/dpa. - Immer mehr deutsche Springreiterflüchten vor der Konkurrenz im eigenen Land. Bei denWeltmeisterschaften vor knapp zwei Monaten in Aachen starteten zweiSport-Exilanten für die Ukraine, einer für Österreich, und inzwischengibt es drei weitere «Flüchtlinge», die nun den Inselstaat Maltavertreten. Doch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) kannderzeit nicht eingreifen. «Wir wollen diesen Tourismus nicht, deshalbmüssen die Regeln verschärft werden», fordert FN-GeneralsekretärHanfried Haring.
Nicht nur die FN-Funktionäre, auch viele Fans erschraken, als dasdeutsche Team bei der WM nur dank des winzigen Vorsprungs von 0,01Strafpunkten die Bronzemedaille rettete - vor der Ukraine mit dendeutschen Reitern Björn Nagel aus Friedrichskoog und Katharina Offelaus Lohmar. Diese Flucht vor dem starken Wettbewerb mit denzahlreichen Stars in Deutschland ist zwar nicht neu, bereits bei denOlympischen Spielen 1972 in München startete der Pfälzer Hugo Simonfür Österreich. Doch inzwischen hat der Exodus eine Größenordnungangenommen, die bei den führenden Reitsport-Nationen für wachsendenÄrger sorgt.
Die vom Erfolg verwöhnten Deutschen haben Angst um ihre Talente.Auch Carolin Müller (Münster), vor drei Jahren Doppel-Europameisterin der Jungen Reiter (U 21), hatte bereits ein Angebotzum Nationen-Wechsel vorliegen. «Wir wollen, dass die bei unsausgebildeten Reiter auch für uns starten», sagt Haring. «Wenn einReiter tatsächlich das Land verlässt, ist das natürlich eine ganzandere Situation.»
Zu den drei jüngsten Reitsport-Exilanten gehört Andreas Knippling,der für Deutschland bereits Nationenpreise geritten hat und zwei Malden Großen Preis von Redefin gewann. Der 39 Jahre alte Profi aus demniedersächsischen Rehburg sah in Deutschland keine Chance,«Startgenehmigungen bei den ganz großen Turnieren zu bekommen». Alsonahm er das Angebot aus Malta an.
«Das war keine Kurzschlussreaktion, in Deutschland hatte ich keineChance», erklärt Knippling. Anders als bei Nagel, Offel sowie denbelgischen Reitern Jean Claude Vangeenberghe und Gregory Whatelet,die vom ukrainischen Kaufmann Aleksander Onischenko ins Ukraine-Teamgelockt wurden, «steht bei mir kein Multi-Millionär dahinter».
Der Weltverband FEI schaut staunend zu. Zum einen sind angesichtsdes geltenden Regelwerks schnelle Wechsel möglich. Zum anderen könnendie nationalen Verbände unkontrolliert Reiter via Internet anmelden.So war die FEI noch Mitte Oktober der festen Überzeugung, dassKnippling für Deutschland startet - obwohl er für Malta bereits inden Großen Preisen von Donaueschingen und Linköping/Schweden diePlätze vier und fünf belegt hatte.
Die FEI schob ihr Versäumnis auf Schreibfehler des Verbandes vonMalta. Knippling sei nur mit einem «p» und die ebenfalls gewechseltePascale Pfeiffer nur mit einem «f» gemeldet worden. Malta war abernicht nur deshalb schon häufiger negativ der FEI aufgefallen. «DerVerband Maltas ist mehrfach verwarnt worden», heißt es. Es sei einVerfahren eingeleitet.