Online-Spiele im Schatten von «WoW»
München/Berlin/dpa. - Als Bücher noch das meistverbreitete Unterhaltungsmedium waren, da gab es vor allem eine Fantasie-Welt: Mittelerde. Dort spielt die Geschichte rund um Gandalf, Frodo und den Ring.
Inzwischen gibt es gewichtige Konkurrenz durch Azeroth, das Areal des Online-Rollenspiels «World of Warcraft». Viele Entwickler haben versucht, den unglaublichen Erfolg von «Wow» zu wiederholen - ohne Erfolg, so dass sie sich zunehmend in Nischen zurückziehen. Dort kann die «WoW»-müde Klientel spielerische Alternativen entdecken.
Vier Jahre alt ist das Phänomen «World of Warcraft», und nach wie vor kommen vom Entwickler Blizzard immer neue Erfolgsmeldungen. Eine lautete zuletzt, dass nun weltweit elf Millionen Abonnenten mit von der Partie sind. Auch die jüngst erschienene Erweiterung «Wrath of the Lich King» sorgte für Aufsehen.
Doch «WoW» ist längst nicht das einzige Spiel, in dem viele Menschen gemeinsam Abenteuer erleben können. Schon vorher gab es Titel wie «Everquest». Mittelerde erlebt in Form von «Herr der Ringe Online» («HdRO») eine Wiedergeburt. Im Jahr 2008 machten sich «Age of Conan» und «Warhammer Online» daran, dem Primus Paroli zu bieten.
Genau einschätzen lässt sich der Erfolg eines Online-Spiels aber nur schwer: «Für den deutschen Markt gibt es kaum zuverlässige Zahlen», sagt Dirk Steiger von der Zeitschrift «GameStar». Meist kursieren nur Gerüchte: etwa dass «HdRO» es auf 300 000 Spieler bringt. Nur selten rücken Publisher Abonnenten-Stände heraus - wie Electronic Arts, wo man einige Zeit nach Veröffentlichung 800 000 «Warhammer»-Abonnenten zählte.
Doch selbst solche Zahlen werden kaum noch erreicht. Daher richten sich die Anbieter verstärkt auf ein Nischendasein ein. Sogar das Modell der Online-Spiele mit der monatlichen Gebühr scheint nicht mehr der Weisheit letzter Schluss zu sein. So verlangte Codemasters für «Archlord» zwar zunächst Gebühren. Bald musste man aber erkennen, dass der gewünschte Erfolg ausblieb und überlegte sich etwas Neues: Heute kann das Spiel gratis heruntergeladen und gespielt werden.
Wer ernsthaft etwas erreichen will, kann trotzdem Geld ausgeben: «Man kann Gegenstände erwerben, mit denen sich der Spielcharakter aufwerten und verbessern lässt», so Codemasters-Sprecher Matthias Mirlach. Zwischen 50 Cent und zwei Euro sind für einen Gegenstand zu berappen. «Das Prinzip funktioniert, und es rentiert sich.»
Auch Frogsters historisch angehauchtes Seefahrer-Spiel «Bounty Bay Online» gibt es als «Free2Play»-Version mit sogenanntem Item-Shop. Sie soll innerhalb eines guten Monats 15 000 neue Spieler angelockt haben. Laut Sprecher Axel Schmitt werden neue Titel wie «Runes of Magic» oder das eher für Kinder gedachte «StoneAge2» ebenfalls dem Prinzip der freien Spielbarkeit mit kaufbaren Gegenständen folgen.
Künftige Erfolgsrezepte könnten laut Dirk Steiger so aussehen, dass man sich mit speziellen Thematiken eine kleine, treue Kundschaft sichert. «Es werden sich verstärkt solche Nischen herausbilden, und zwar mit Titeln, die vielleicht 50 000 bis 80 000 Spieler haben.»
Auch das kann sich lohnen: Sony Online Entertainment hält weiter «Vanguard» am Leben. Ursprünglich wurden 200 000 Packungen verkauft, nur 30 000 Spieler sollen noch aktiv sein. Doch wenn jeder von ihnen monatlich auch nur zehn Euro Gebühren überweist, ergibt das immer noch eine erkleckliche Summe.