Olympia Olympia: Rogge: «Organisiertes Verbrechen nicht im Spiel»

Hamburg/dpa. - Auch acht Monate nach dem olympischen Eiskunstlauf-Skandal von Salt Lake City ist das Internationale Olympische Komitee (IOC) bei seinen eigenen Untersuchungen noch nicht weitergekommen. «Unglücklicherweise betreiben die italienischen und amerikanischen Behörden eine enorme Geheimniskrämerei», sagte IOC- Präsident Jacques Rogge in einem Interview mit der «Welt» (Montagausgabe). Dabei geht es um die Akteneinsicht im Fall des russischen Mafiabosses Alimsan Tochtachunow. Er befindet sich noch immer in italienischer Untersuchungshaft. Tochtachunow wird auf Grund von Abhörprotokollen vorgeworfen, bei den Winterspielen im Februar die Entscheidungen im Paarlaufen und im Eistanzen manipuliert zu haben.
Rogge «glaubt nicht», dass sich das organisierte Verbrechen «in Olympische Spiele eingenistet hat». Er gehe jedoch davon aus, dass «dubiose Figuren unsere Athleten umgarnen». Das sei «bewiesen, besonders in einigen Ländern». «Unglücklicherweise hat das IOC da keine Handhabe. Hier kommt den Verbänden, national wie international, eine weitaus größere Verantwortung zu», sagte Rogge. Dies bedeute jedoch nicht, «dass wir den Kopf in den Sand stecken. Wir haben Warnungen an alle Mitglieder der Olympischen Familie verschickt: Seid vorsichtig, akzeptiert kein Geld, das nicht sauber ist, hütet Euch vor dubiosen Sponsoren».
Der IOC-Präsident gab bekannt, dass bei den Winterspielen in Salt Lake City «alle vom IOC akkreditierten Personen zuletzt einer Überprüfung durch das FBI standgehalten haben. Niemand durfte ohne einreisen». Das sei bei den Sommerspielen 2000 in Sydney noch anders gewesen. Rogge wertete die Überprüfung in den USA als ein «gutes Zeichen, dass es keine Verflechtung des organisierten Verbrechens in die Spiele gibt».
Der IOC-Präsident will sich bei der bevorstehenden Außerordentlichen Vollversammlung Ende November in Mexiko-Stadt weiter dafür stark machen, dass IOC-Mitglieder olympische Bewerberstädte nicht besuchen dürfen. Falls die Vollversammlung anders entscheide, sollten nur vom IOC organisierte Gruppenreisen möglich sein. Nach dem Korruptionsskandal um die Bewerberstadt Salt Lake City hatte das IOC ein generelles Besuchsverbot verhängt.
Kritik übte Rogge an seinem Vorgänger Juan Antonio Samaranch. In seinen jüngst veröffentlichten Memoiren erklärt der Spanier, er wäre zurückgetreten, wenn die Bewerbung seiner Heimatstadt Barcelona um die Olympischen Spiele 1992 gescheitert wäre. Man dürfe «persönliche Anliegen nicht mit der Politik des IOC vermengen», sagte Rogge. Samaranch behauptet, er habe sich damals neutral verhalten. Dennoch hätte er ein Scheitern Barcelonas als «Misstrauensvotum» gewertet.