Olympia/China Olympia/China: «China unter den besten fünf Nationen»
Tübingen/Turin/dpa. - Sie haben das Buch «Hochleistungssport in China» geschrieben undpflegen an der Universität Tübingen seit Jahren einenwissenschaftlichen Austausch mit dem Land der Sommerspiele 2008. Wastrauen Sie den Chinesen bei den Olympischen Spielen in Turinzu?Digel: «Ich glaube, dass China in Turin gute Chancen hat,unter die besten fünf Nationen und damit in die Phalanx der Europäersowie Nordamerikaner vorzustoßen. Im Medaillenspiegel von Salt LakeCity 2002 lag China mit zwei Mal Gold, zwei Mal Silber und vier MalBronze auf Rang 13. Diese Bilanz werden die Chinesen in diesem Jahrmit Sicherheit ausbauen.»
Wie sind in China die Voraussetzungen für den Wintersport?Digel: «China hat für alle Sportarten der Welt Möglichkeiten. Siehaben zum Beispiel auch eine alpine Nationalmannschaft. Die Modelle,die die Chinesen für Sommersportarten anwenden, gelten auch für denWintersport: Es gibt Leistungszentren - und gebaut wird alles. DieTrainer haben alle studiert und sind staatlich anerkannt, teilweisewerden auch Ausländer unter Vertrag genommen.»
Inwieweit mischt der Staat dabei mit?Digel: «Das Nationale Institut für Sportwissenschaften spielt eineentscheidende Rolle. Dessen biomechanische, sportmedizinische,trainingswissenschaftliche, physiotherapeutische Beratungs- undServiceleistungen sind beispielhaft.»
Wie läuft die Talentsuche?Digel: «In die Provinzwettbewerbe, die oft ähnliches Niveau habenwie bei uns Länderkämpfe, investiert die Politik viel Geld. Die Ein-Kind-Politik führt zwar dazu, dass auch in China die Kinder mehr undmehr verhätschelt werden. Aber so geschützte Kindheiten wie bei unswird man dort selten erleben. Für die große Mehrheit der Eltern sindKinder Investitionssubstanz für die Zukunft. Ob derHochleistungssport in diesem Alter ethisch zu verantworten ist -diese Diskussion ist dort erst am Anfang.»
Für Turin hat sich eine große Delegation aus Peking angesagt. Waskönnen die Chinesen bei den Winterspielen lernen?Digel: «Das ist vom IOC so gewollt, damit sie möglichst vielmitnehmen. Von der Organisation her sind die beiden OlympischenSpiele allerdings nur schwer zu vergleichen. Peking hat zwar auchVerkehrsprobleme wie Turin, aber in China gibt es beispielsweisekeine personellen Probleme, weil ein ganzer Staatsapparat hinter denSpielen steckt. Die Chinesen wollen in Turin auch PR für ihreGastgeberrolle machen. 2008 wird es wie kaum jemals zuvor zu einerAuseinandersetzung der drei großen Mächte kommen. USA und Russlandwerden kämpfen müssen, um ihre Führungsposition zu halten. Mein Tippist übrigens, dass China den großen Dreikampf gewinnt.»