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Olympia 2008 Olympia 2008: Chaos beim Fackellauf in Paris

Von Sven Busch und Ulrike Koltermann 07.04.2008, 15:10

Paris/Peking/dpa. - UnterPolizeischutz wurde der Fackelträger am Fuße des Eiffelturms in einenBus gebracht. Mehrere Tausend pro-tibetanische Demonstranten sorgtenam Montag für tumultartige Szenen in der französischen Hauptstadt.Für rund zwanzig Minuten war die Fackel - nach Polizeiangaben austechnischen Gründen - erloschen.

Zuvor hatten in Peking alle 205 vom IOC anerkannten NationalenOlympischen Komitees (ANOC) ihren Start bei den Spielen vom 8. bis24. August angekündigt. Allerdings wurde die chinesische Regierunggleichzeitig aufgefordert, eine friedliche Lösung in Tibet zu finden.Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, JacquesRogge, mahnte nach wochenlangem Schweigen deutlich wie nie zuvor eine«rasche und friedliche Lösung in Tibet» an. Die Reaktion deschinesischen Organisationskomitees (BOCOG) folgte prompt. DieOlympischen Spiele sollten als großartiges Sportereignis «von derPolitik ferngehalten werden», sagte BOCOG-Sprecherin Wang Hui vorMedienvertretern in Peking.

Während die Bilder von den Ausschreitungen in Paris, die der US-Nachrichtensender CNN in China via Satellit verbreitete, durch dieZensur immer wieder in Bild und Ton gestört wurden, zitierte dieamtliche Nachrichtenagentur Xinhua die mahnenden undunmissverständlichen Worte des Ober-Olympiers Rogge in vollemWortlaut. «Gewalt, in welcher Form auch immer, verträgt sich nichtmit den Werten des Fackellaufs und den Olympischen Spielen. Ich binsehr besorgt über die internationale Situation und was in Tibetpassiert. Das IOC fordert eine schnelle und friedliche Lösung inTibet», sagte Rogge beim Treffen der olympischen Familie im feudalen«China World Hotel» - noch bevor es in Paris zu den Tumulten kam.

Die Nationalen Olympischen Komitees (NOK) nahmen die verbaleSteilvorlage des Belgiers, der erstmals auch in China öffentlich alsVerfechter der Menschenrechte auftrat, brav auf. Einstimmigverabschiedeten sie die Erklärung, von der sich die SportweltSignalwirkung verspricht: «Wir nehmen an den Spielen teil.»

Zugleich aber riefen die NOKs zur vernünftigen Klärung der Tibet-Frage auf. Sie forderten Meinungsfreiheit für die Athleten undverurteilten einen potenziellen Missbrauch der Spiele. Durch diedemonstrative Einigkeit der Olympischen Familie hatte Rogge denerhofften verheißungsvollen, wenn auch alles andere als ungestörtenStart in die olympische Woche.

«Unsere Erwartungen wurden erfüllt. Es war ein sehr erfreulicherTag mit wichtigen Aussagen», kommentierte IOC-Vizepräsident ThomasBach. «Aus dem Selbstverständnis des Sports war es die logischeEntwicklung und gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine ganz wichtigeEntscheidung und das richtige Signal an die Athleten.» Die NOK-Spitzenfunktionäre drängten das IOC auch zu einer klarenStellungnahme in Sachen Meinungsfreiheit der Athleten.

Die Olympische Charta verbietet politische, religiöse undrassistische Demonstrationen an olympischen Wettkampfstätten. Dochwas ist Propaganda - was nicht? Die deutsche Degenfechterin ClaudiaBokel machte sich als Athletensprecherin der Europäischen NOKs (ENOC)für «mündige Athleten» stark.

Die Weltmeisterin von 2001 erreichte immerhin, dass ihr Vorschlagder freien Meinungsäußerung im Rahmen der Charta-Bestimmungen amDonnerstag vor der IOC-Exekutive diskutiert wird. Wie unterschiedlichdie Einstellungen der NOK-Vertreter in dieser Frage jedoch waren,zeigte eine Äußerung aus dem NOK des Tschads. Generalsekretär IdrissDokony Adiker meinte: «Athleten sollen nicht denken. Sie sollen anden Spielen teilnehmen.»