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Nordsee Nordsee: Hier gibt es auch Wald

Von Deike Uhtenwoldt 21.07.2005, 12:27

Borkum/dpa. - Der Wattführer ist auf Borkum geboren und kehrte nur für die höhere Schulbildung der größten ostfriesischen Insel den Rücken. «Borkum ist schon was Besonderes», sagt Akkermann und verweist auf die Dünenlandschaft im Osten und die «Greune Stee», ein Wäldchen im Westen. «Wald hat keine andere ostfriesische Insel.» Durchschnittlich 25 000 Gäste zählt das Nordseeheilbad pro Tag. Die meisten sind Familien und kurtreibende Rentner: «Borkum ist die einzige ostfriesische Insel mit Hochseeklima», betont Angela Rosenlöcher, Marketing- und Veranstaltungsleiterin der Kurverwaltung.

Um den Gästen seine Insel vorzustellen, führt Akkermann die Touristen ins Watt. Dort hält er den Menschen vom Festland einen Spaten Boden vor die Nase und lässt sie Würmer, Pfeffermuschel und Sandklaffmuschel heraussuchen. «Es sind 10 000 Wattwürmer auf einem Quadratmeter und jeder Wurm gräbt in seinem Leben 25 Kilo Sand um», sagt Akkermann.

Doch nicht nur Zahlen bringen den Gästen das größte zusammenhängende Wattengebiet der Erde nahe. «Die Leute sollen das Watt im wahrsten Sinne des Wortes begreifen», findet Akkermann. Die Gäste fiebern mit beim Herzmuschelwettrennen, riechen Wilden Wermuth, der eigentlich Strandbeifuß heißt und testen den Geschmack der Salzpflanze Queller (Salicornia).

Der 38-Jährige ist nicht nur Borkums dienstältester Wattführer. Er ist auch Vermieter, Musiker einer friesischen Folkloregruppe und Vertreter einer Familie, die seit 500 Jahren auf Borkum lebt. «Früher waren wir Fischer und Viehbauern. Heute leben wir von den Touristen», sagt er.

Damit es in Zukunft auch Jugendliche auf die Insel zieht, eröffnet im August das «Gezeitenland», ein modernes Freizeitbad auf Borkum. Eine der neuen Attraktionen soll die Indoor-Surfanlage «Flowrider» werden: «Zwei Personen surfen auf der wellenförmigen Fläche gleichzeitig», erklärt Projektassistentin Christina Werner. Wer auf den Eintrittspreis von fünf Euro im so genannten «Freizeitdeck», dem Wasserbereich, noch drei Euro drauflegt, kann 55 Minuten lang auf den künstlichen Wellen reiten. «Da kann jeder rauf», versichert Christina Werner. «Die Ränder sind ausgepolstert.»

Weniger Action als Respekt vor der Natur will Albertus Akkermann auf den Touren ins Watt weitergeben, wenn er von erfundenen Wattleichen und wirklich Ertrunkenen erzählt. Und von dem Jungen, der sich einfach von der Gruppe entfernte und im acht Meter tiefen Schlickloch landete.

«Er fing an zu schreien und zu strampeln und sank durch die Bewegung noch tiefer ein. Ich habe ihn angeschrien, er solle den Oberkörper flach auf den Schlick legen», erzählt Akkermann. Wieder und wieder warf der Wattführer sein Seil, bis der Junge es endlich schnappte und sich die Schlinge um die Arme legte. «Mit fünf Mann haben wir ihn da herausziehen können. Nie wieder habe ich solche Angst gehabt.»