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Nationalmannschaft Nationalmannschaft: WM-Aus für Ballack nach brutalem Boateng-Tritt?

Von Klaus Bergmann und Jens Mende 16.05.2010, 15:38
Michael Ballack liegt nach dem Foul von Boateng verletzt auf dem Platz. (FOTO: DPA)
Michael Ballack liegt nach dem Foul von Boateng verletzt auf dem Platz. (FOTO: DPA) epa

Sciacca/London/dpa. - Die quälende Ungewissheit um MichaelBallack hält an - Joachim Löw lebt weiter zwischen Hoffen und Bangen.Der Bundestrainer wollte aber am Sonntag vom Schreckens-Szenarioeines möglichen WM-Ausfalls des Kapitäns nichts wissen. «Nein, dieseBefürchtung habe ich erstmal nicht», sagte Löw im Trainingslager derdeutschen Fußball-Nationalmannschaft in Sizilien und schob nachBallacks böser Fußverletzung alle «spekulativen Gedanken» von sich.

«Wir müssen abwarten, bis wir eine ganz genaue Diagnose haben»,sagte der DFB-Chefcoach. Nur ein Bruch des rechten Fußes konnte schonausgeschlossen werden. Die Bewegungsfreiheit des stark geschwollenenSprunggelenks sei nicht völlig eingeschränkt, sagte Löw: «Das sprichtdafür, dass die Bänder nicht in Mitleidenschaft gezogen sind.»

Nach dem «brutalen Foulspiel», wie Löw den Tritt des ehemaligendeutschen U 21-Nationalspielers Kevin-Prince Boateng gegen BallacksSprunggelenk im englischen Pokalfinale bezeichnete, wird aber ersteine Kernspin-Untersuchung endgültige Klarheit bringen. Diese könne«aufgrund der Schmerzen und Dicke des Knöchels», so Löw, erst andiesem Montag in London stattfinden.

Ballacks für Montagvormittag geplanter Flug nach Sizilien wurdeerst einmal auf den Nachmittag verschoben. Möglicherweise muss der33-Jährige auch erst noch zu einer weiteren Untersuchung beiNationalmannschafts-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt reisen,berichtete Löw: «Klar ist, dass wir kein Risiko eingehen werden.»

Löw hatte am späten Samstagabend mit Ballack telefoniert, der indem Gespräch nach der zuvor erfolgten Röntgen-Untersuchung einen«guten Eindruck» auf ihn gemacht habe. «Gottseidank konnte man eineschwere Verletzung ausschließen. Er war spürbar erleichtert.» Ballackselbst hatte nach dem 1:0-Sieg des Double-Gewinners FC Chelsea gegenden FC Portsmouth erklärt: «Ich hoffe, dass die Sehnen nur gezerrtsind. Im besten Fall wird es nur ein paar Tage dauern.»

Löw mochte sich öffentlich noch nicht mit möglichen Notfall-Plänenbeschäftigen. «Ich denke nicht weiter nach, was wäre ohne MichaelBallack. Wenn er ein paar Tage pausieren müsste, sehe ich das nichtals großes Problem.» Der 98-malige Nationalspieler gehört für denBundestrainer allerdings neben den Münchnern Philipp Lahm und BastianSchweinsteiger zu den wenigen unverzichtbaren Größen in seinerWM-Wunschelf.

«Michael Ballack ist der Kapitän, hat die meisten Einsätze, diegrößte internationale Erfahrung und Reputation. Er ist enorm wichtigfür mich, nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben. SeinePräsenz auf dem Platz ist für uns von großer Wichtigkeit.» Zusammenmit Schweinsteiger soll Ballack das neue Herzstück im Mittelfeldbilden.

Bangen um Ballack - das ist vor einer WM nichts Neues: Auch vordem Sommermärchen 2006 sorgte eine lädierte Wade des Kapitäns fürAufregung, im WM-Eröffnungsspiel gegen Costa Rica lief die DFB-Elfohne ihn auf. Es reichte auch ohne Ballack zu einem 4:2-Erfolg.

Das böse Foul des ehemaligen Bundesliga-Profis (Hertha, Dortmund)Boateng hat zudem eine pikante Note: Der 23-Jährige soll bei der WMfür Ghana spielen, Deutschlands drittem und letzten Gruppengegner.Absicht mochte Löw dem Heißsporn Boateng, dessen jüngere HalbbruderJérome im vorläufigen deutschen WM-Kader steht, nicht unterstellen:«Aber er war völlig ohne Chance auf den Ball - das war eine RoteKarte. Auf solche Weise kann man einen Spieler verletzen.»

Ungeachtet der Sorge um Ballack setzte Löw mit seinem Stab dieintensive Trainingsarbeit in Sizilien fort. «Das beeinträchtigt unshier nicht», versicherte der Bundestrainer. Am Montag, wenn dieBremer Pokalfinal-Verlierer Tim Wiese, Per Mertesacker, Mesut Özilund Marko Marin anreisen, wird der Rumpfkader auf 19 Mann anwachsen.«Sie werden es schaffen, auch in dieser Woche den Blick wieder nachvorne zu richten», glaubt Löw trotz der 0:4-Packung gegen die Bayern.

Bei der Festlegung auf den WM-Torwart müssen sich Wiese und dieMitkonkurrenten Manuel Neuer und Hans-Jörg Butt mindestens noch eineWoche gedulden. Löw will seine Entscheidung «auf jeden Fall» erst«nach dem Champions-League-Finale» bekanntgeben. «Auf der Positionsind wir sehr stark besetzt. Man hat bei allen Dreien das Gefühl,dass man ihnen vertrauen kann», lobte Löw pauschal das Trio.

Gelassen reagierte der Bundestrainer auf neue Bewegunghinsichtlich seiner ungeklärten Zukunft nach dem WM-Turnier. «Das istja nichts Außergewöhnliches oder Überraschendes. Das ist ja imInteresse alle», sagte zu einer Frist, die DFB-GeneralsekretärWolfgang Niersbach am Wochenende verkündet hatte: «14 Tage nachWM-Schluss brauchen wir Klarheit.»