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Nationalmannschaft Nationalmannschaft: Rückkehr zum klassischen Bundestrainer

Von Klaus Bergmann und Jens Mende 06.09.2006, 15:28
Joachim Löw (r) der Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, trägt am Montag (04.09.2006) im Amateurstadion des VfB Stuttgart beim Training der Mannschaft zusammen mit seinem Assistenten Hans-Dieter Flick (l) ein Tor auf den Platz. (Foto: dpa)
Joachim Löw (r) der Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, trägt am Montag (04.09.2006) im Amateurstadion des VfB Stuttgart beim Training der Mannschaft zusammen mit seinem Assistenten Hans-Dieter Flick (l) ein Tor auf den Platz. (Foto: dpa) dpa

Riccione/dpa. - Der 46-Jährige hat zwar auchein klares Ziel mit der Europameisterschaft 2008 vor Augen, aber erfüllt den Job wieder rundum als Chefcoach aus, gibt auf und neben demPlatz bei allen Themen und Entscheidungen die Linie und Richtung vor.

Löw baut dabei auf das auf, was der Reformer Klinsmann in seinerkurzen Amtszeit beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) erkämpft hat, wiedie US-Fitnesstrainer, einen Chefscout oder den Sport-Psychologen.Vor allem aber kann er nach dem dritten WM-Platz auf eine intakteMannschaft zählen, die mit Anfangserfolgen seine Position stärkt.

Am sichtbarsten wird der Zeitenwechsel beim Blick auf dasZusammenwirken des Bundestrainers mit seinem neuen AssistentenHans-Dieter Flick. Während Trainer-Novize Klinsmann dem erfahrenenLöw auf dem Trainingsplatz das Kommando überließ, agierte Ex-ProfiFlick in der Vorbreitung auf die Spiele gegen Irland und San Marinowieder wie ein klassischer Assistent. Löw ist auf dem Platz weiterhinder Vorarbeiter. «Ich werde weiter sehr stark involviert sein», sagteLöw, der auch öffentlich praktisch das alleinige Sprachrohr ist. «Ichbin Zuarbeiter von Joachim Löw. Er ist der Chef», äußerte der neue«Assi» Flick selbst über die Rollenverteilung im Trainerteam.

Nachdem einzig und allein Oliver Kahn nach der WM zurücktrat,bestand für Löw in den ersten Wochen seiner Amtszeit noch kaumHandlungsbedarf auf personeller Ebene. Nur die Verletzungsmisere inder Abwehr zwang ihn in den ersten Länderspielen zum Handeln underöffnete dem Mainzer Manuel Friedrich den Sprung ins Team.

Spieler wie die Schalker Kevin Kuranyi und Fabian Ernst oder derBremer Patrick Owomoyela, die nach ihrer WM-Ausbootung wieder in dieNationalmannschaft zurück wollen, müssen sich dagegen gedulden. «Wenndie Leistung in der Bundesliga stimmt, besteht für sie durchaus dieMöglichkeit, wieder dazuzustoßen», sagte Löw zwar: «Aber diejenigen,die bei der WM dabei waren, genießen einen Vertrauensvorschuss.»

Bei der Kaderauffrischung richtet Löw den Blick eher auf weitereTalente aus der erfolgreichen U 21-Auswahl. Immer wieder nennt erdabei drei Namen: Eugen Polanski (Borussia Mönchengladbach), PiotrTrochowski (Hamburger SV) und Stefan Kießling (Bayer Leverkusen).«Sie haben Perspektiven, schnell den Sprung nach oben zu schaffen.»Mit der Ernennung von Jens Lehmann zur unumstrittenen Nummer 1 undder Beförderung von WM-Reservist Timo Hildebrand auf die Position vonKahn hat sich Löw zudem vorerst eine Torhüter-Diskussion erspart.

Anders als Klinsmann, der nach Länderspielen postwendend nachKalifornien verschwand und damit die unendliche Wohnsitz-Debatteanzettelte, befriedigt der klassische Bundestrainer Löw auch denWunsch von DFB und Liga nach ständiger Präsenz. An jedem Spieltagsitzt der Schwarzwälder irgendwo in einem Bundesliga-Stadion. DenKontakt zu den Vereinen und ihren Machern wie Bayern-Manager UliHoeneß will Löw noch intensivieren. «Ich werde jeden Verein undTrainer, der Nationalspieler abstellt, vor Ort besuchen», kündigte eran.

Im neu geschaffenen Kompetenzteam des Deutschen Fußball-Bundes(DFB) will Löw ebenfalls als Bundestrainer ein gewichtiges Wortmitreden und dafür sorgen, das die Philosophie der A-Nationalelf vonSportdirektor Matthias Sammer und U 21-Coach in die Nachwuchsarbeitübertragen wird. «Normalerweise geht das von der Basis an die Spitze,bei uns jetzt wohl eher umgekehrt», sagte der oberste DFB-Trainer.

Löw will aber auch ein weltoffener Bundestrainer sein. Seinegeplanten Visiten im Ausland wie beim Ballack-Club FC Chelsea oderdem Lehmann-Verein FC Arsenal will er auch dazu nutzen, sich mitTrainern wie José Mourinho und Arsène Wenger auszutauschen. «Wirmüssen offen sein für neue Ideen, neue Impulse, neue Reize. Es istwichtig, sich mit intelligenten Kollegen auszutauschen», sagte Löw.Auch ein klassischer Bundestrainer kann einen neuen Zuschnitt haben.