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Nationalmannschaft Nationalmannschaft: Ballack bleibt virtueller Kapitän

Von Jens Mende und Klaus Bergmann 09.02.2011, 16:38

Dortmund/dpa. - Für «Capitano» Ballack gibt es weiter keine Rückkehr-Garantie - der Ersatzkapitän Philipp Lahm etabliert sich derweil immer mehr als Boss. Das neue Machtverhältnis in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft scheint unumkehrbar, auch wenn Bundestrainer Joachim Löw dem 34-jährigen Michael Ballack die Tür noch nicht zugeschlagen hat. «Wenn er seine Leistungen bringt, die man von ihm aus der Vergangenheit kennt, ist Michael Ballack selbstverständlich ein Thema», sagte Löw vor dem Spiel in Dortmund gegen Italien, fügte aber auch vielsagend hinzu: «Es liegt aber auch an ihm, mit welchen Leistungen er aufwartet in den nächsten Wochen und Monaten.»

Das Thema ist sensibel. Schließlich hat Ballack als herausragende Figur ein Jahrzehnt die Nationalelf geprägt; unter Teamchef Rudi Völler genauso wie unter Bundestrainer Jürgen Klinsmann und auch unter Löw. Und der 98-malige Nationalspieler ist mit zwei schweren Verletzungen unverschuldet in diese vertrackte Situation gerutscht, sein Traum von der WM in Südafrika war dramatisch geplatzt. «Ich habe gesagt, es ist erfreulich, dass er jetzt wieder spielt, dass er nach so einer langen Verletzungspause beginnt, den Rhythmus zu finden», beschrieb der Bundestrainer die Situation positiver als sie ist.

Während Löw auf eine Rückkehr von Ballack in den Kader für das Testspiel gegen Italien verzichtete, holte er den Wolfsburger Arne Friedrich nach ebenfalls langwieriger Verletzung (Bandscheiben-OP) schon jetzt zurück. «Arne stand schon im November und Dezember im Trainingsprozess und hat alle Rückrundenspiele bestritten. Anders als Michael Ballack, der einmal 90 Minuten und dann 65 Minuten gespielt hat, dazu noch länger verletzt war», erklärte Löw und fügte noch an, dass Friedrich «Positives auf die Mannschaft überträgt».

Prognosen, ob und wann der «Capitano» bei ihm wieder eine Chance erhalten könnte, hörte man in den Tagen von Dortmund von Löw nicht: «Es ist heute nicht die Situation, dass wir entscheiden müssen, ob Michael Ballack im März dabei ist.» Ballack muss bei seiner schwierigen Rückkehr-Mission bei Bayer Leverkusen seine Kritiker davon überzeugen, dass er nicht nur eine Figur aus der Vergangenheit, sondern zumindest noch für die Gegenwart ist. Für Löw geht es sogar schon um die Zukunft, die Europameisterschaft 2012 heißt.

Ballacks letzter Auftritt für Deutschland beim 0:1 im Testspiel gegen Argentinien liegt mittlerweile fast ein Jahr zurück. Sein letztes von 42 Toren schoss er im September 2009 per Elfmeter beim 4:0-Sieg gegen Aserbaidschan. Das größte Problem für den gebürtigen Sachsen, der die DFB-Elf 55 Mal als Kapitän angeführt hatte: Er muss mit 34 Jahren noch einmal besser als seine Kontrahenten Bastian Schweinsteiger (26) und Sami Khedira (23) in der Mittelfeld-Zentrale werden. Denn eine Systemumstellung wird es für Ballack nicht geben - und nur als Ergänzungsspieler kann ein Kapitän kaum zurückkommen.

«Die Konstellation Khedira/Schweinsteiger hat hervorragend geklappt. Es ist für mich die erste Option. Im Moment gibt es keine Veranlassung, etwas zu ändern», erklärte Löw deutlich. Zudem hat sich der junge Münchner Toni Kroos bei der gelungenen WM in Südafrika als erster Ersatzmann für dieses Duo empfohlen. Und für die Partie gegen Italien holte Löw mit dem Dortmunder Aufsteiger Sven Bender (21) schon einen weiteren Zukunftskandidaten für die Ballack-Position. Der Chefcoach weiß aber auch, dass Verletzungen und Formkrisen eine derzeit unaufhaltsam erscheinende Entwicklung schnell ändern können.

Der amtierende Kapitän kann die Entwicklung um Ballack gelassen beobachten, die Zeit spricht ohnehin für den 27-jährigen Lahm: «Wie es der Bundestrainer schon richtig gesagt hat, Michael Ballack ist der Kapitän und ich bin sein Stellvertreter», erklärte Lahm zur offiziellen Rangfolge. In der Rolle des Spielführers aber etabliert sich Lahm mit jedem Länderspiel ohne Ballack mehr. «Man führt als Kapitän viele Gespräche, mit Mitspielern, mit den Trainern, mit Vorständen. Das ist sehr interessant», erklärte der Münchner.