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«MZ-Serie»: WM 1954: Toni Turek «MZ-Serie»: WM 1954: Toni Turek: Fußball-Gott vom Schicksal geschlagen

Von Hartmut Scherzer 08.06.2004, 20:39

Düsseldorf/MZ. - Die zuständige Bezirksvertretung hatte mit der Namensgebung einer Anregung der Rheinbahn entsprochen, deren leitender Angestellter der "Held von Bern" im Fußballtor 27 Jahre lang war.

Das Fortuna-Stadion Flinger Broich nach ihm zu benennen, wäre dem Andenken Toni Tureks würdig gewesen. Über 200 000 Menschen hatten ihn bei der Heimkehr vom Berner Triumph begeistert empfangen und alle Rosenmontagszüge in den Schatten gestellt.

Wenigstens ein Toni-Turek-Turnier gibt es jetzt. Als hätten sie ein schlechtes Gewissen, entwickelten Stadt und Fortuna, aufgeweckt durch Sönke Wortmanns Film "Das Wunder von Bern" auf einmal Gedenkaktivitäten. Denn nicht einmal ein Foto erinnerte zuletzt im Gebäude des Stadions an jenen Teufelskerl, dem der Rundfunkreporter Zimmermann einst ein akustisches Denkmal gesetzt hatte: "Toni, du bist ein Fußballgott."

"Das war lange vor meiner Zeit", entschuldigte die Geschäftsführerin der Fortuna das Fehlen jeglicher Erinnerungsstücke. Zum "Mythos Fortuna", eine Fan- und Vereinsinitiative zur Erinnerung an die Tradition des Oberliga-Klubs, gehört Toni Turek demnach nicht. Vielleicht wegen der unrühmlichen Trennung. Nach einer Verletzung hatte die Fortuna keine Verwendung mehr für ihren Weltmeister und ließ ihn ein Jahr lang untätig als Ersatzmann schmoren. Da der bereits 37-Jährige so sang- und klanglos seine Karriere nicht beenden wollte, ging er nach Gladbach.

Es waren fortan erschütternde Schicksalsschläge, die Turek nach dem Ende seiner Laufbahn in die Schlagzeilen brachten. An einem Sonntag im September 1973 wollte er aufstehen und konnte nicht mehr. Über Nacht war er gelähmt von der Mitte des Körpers bis hinab in die Zehenspitzen. Der Mann schien verloren. Komplikationen kamen hinzu: Blutübertragungen, vier Lungenembolien, Milz herausgenommen, ein Stück vom Magen weg, zwei Monate Intensivstation, abgemagert von 180 Pfund auf 90.

Wenn er drei Jahre später, halbwegs genesen, wieder am Stock gehen konnte, verdankte Turek die halbe Heilung neben der Hilfe seiner unermüdlichen Frau Wilhelmine auch jener idealen Männer-Gemeinschaft, die Trainer Sepp Herberger während der WM 1954 gebildet hatte. "Die Kameraden haben mir immer wieder Mut gemacht", bedankte sich Turek. Dieser Herberger hatte einmal über Turek gesagt: "Ein gottbegnadeter Torwächter, aber auch ein leichtsinniger Bruder."

Turek hatte noch einen langen Leidensweg an Krücken und im Rollstuhl vor sich. Herz- und Gallenoperationen folgten. Nach einem Schlaganfall starb Toni Turek mit nur 65 Jahren am 11. Mai 1984. Auch sein Grab im Friedhof Lindenheide ist keine Gedenkstätte an einen Weltmeister. Auf der Granittafel des bescheidenen Urnengrabes steht kein Anton und kein Toni, kein Geburtsdatum, kein Todestag, nur schlicht und einfach Turek. Allein im Düsseldorfer Telefonbuch stehen 16 Tureks, deren Familien das Grab gehören könnte.

Lesen Sie demnächst über einen gemachten Mann: Jupp Posipal.