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Museum Ludwig zeigt Werdegang Mondrians

Von Christoph Driessen 13.12.2007, 12:48

Köln/dpa. - «Das kann ich auch», könnte man meinen, wenn man Piet Mondrians farbige Rechtecke im Kölner Museum Ludwig betrachtet. Doch die abstrakten Kompositionen sind nur scheinbar einfach.

Eine Untersuchung des University College in London hat ergeben, dass fast jeder - auch wenn er sich gar nicht für Kunst interessiert - einen echten Mondrian von einer nur leicht veränderten Version unterscheiden kann. Bei der Fälschung stimmen plötzlich Proportionen und Farbabstimmung nicht mehr. Der niederländische Maler muss demnach ein untrügliches Gespür für das perfekte Bild gehabt haben.

Vom 14. Dezember bis zum 30. März zeigt das Museum Ludwig 70 Gemälde und Papierarbeiten Mondrians aus dem Gemeentemuseum in Den Haag. Im Gegenzug hat Köln seine Picasso-Sammlung nach Den Haag geschickt. Die Retrospektive illustriert anschaulich, wie Mondrian (1872-1944) zu seinen berühmten Rechtecken kam, die immer wieder von Mode- und Produktdesignern aufgegriffen werden. «Es ist ein sehr nachvollziehbarer Weg von einer realistischen Malerei, geprägt durch die holländische Tradition der Landschaftsmalerei, zur Abstraktion», erläutert der Kurator Ulrich Wilmes. «Am Ende landen wir dann bei den Rechtecken. Das Schöne ist: Alles erklärt sich von selbst.»

Mondrians erste Gemälde vom Ende des 19. Jahrhunderts sind noch klassische Landschaftsbilder. Auf der Suche nach der Grundform, der «Wahrheit» der Dinge beginnt er um 1910 jedoch mehr und mehr zu abstrahieren: Die Äste eines Baumes werden zu einfachen Linien, Strand und Meer im Ferienort Domburg zu einer gelben und einer blauen Fläche. Mondrian wendet sich in dieser Zeit der Theosophie zu, deren Kerngedanke eine phasenweise Weiterentwicklung der Menschheit bis zu einem Zustand der vollendeten Harmonie ist. Dieses Ideal will er auch in seiner Kunst erreichen. «Er hat seine eigene Bildsprache gesucht und sich immer weiter vorgetastet», erläutert Wilmes.

Von Saal zu Saal erlebt der Besucher neue Entwicklungsstufen und immer reduziertere Darstellungsformen. «Piet ist verrückt geworden, er malt nur noch Schachbretter!», war damals die erste Reaktion eines Freundes. Bei näherem Hinsehen lässt sich leicht erkennen, dass viele Linien und Farbflächen mehrmals übermalt worden sind. Mondrian arbeitete wie ein Besessener und brauchte doch viele Wochen, um eines seiner scheinbar schlichten Rechteck-Bilder fertigzustellen. Für den Perfektionisten war seine Kunst eine sehr ernste Angelegenheit.

Der Meister des rechten Winkels, ein strenger, schmallippiger Herr mit straff zurückgekämmtem Haar und stets tadelloser Kleidung, zerstritt sich mit seinem besten Freund Theo van Doesburg über die Bedeutung von Diagonalen. In seinem Pariser Atelier war der Arm eines Grammofonspielers die einzige Rundform. Pflanzen ließ er nur in künstlicher Form und weiß angestrichen zu, um das «unmögliche naturalistische Grün» zu verbannen. Eines seiner Wohnateliers ist in Köln nachgebaut, komplett mit Pfeife und abgelegter Nickelbrille.

Während seiner letzten Lebensjahre im New Yorker Exil war der Raster-Standplan Manhattans für ihn eine Quelle der Inspiration. Noch einen Monat vor seinem Tod begann er mit einer grundlegenden Überarbeitung seines Schlüsselwerks «Victory Boogie Woogie». Das unvollendet gebliebene Bild, das auf den ersten Blick wie ein sich bewegendes Farbkaleidoskop wirkt, gehört zwar auch zur Haager Sammlung, fehlt aber in Köln: Auf Anweisung des niederländischen Staates, der es vor neun Jahren für 80 Millionen Gulden erwarb, darf es nie ausgeliehen werden.