Mount Augustus ist Australiens größter Felsen
Carnarvon/dpa. - Wer an Australiens Outback denkt, hat rasch den Ayers Rock vor dem geistigen Auge. Die größte Attraktion seiner Art ist der Felsklotz im Northern Territory aber nicht.
Etwa 1600 Kilometer westlich steht mit dem Mount Augustus in Western Australia ein sehr ähnlich aussehender, zweieinhalb Mal größerer Berg. Hier hält sich der Besucheransturm in überschaubaren Grenzen: Zu fern von den Touristenrouten liegt der Ort, zu mühsam erscheint die Anreise. Doch das macht den Reiz eines Besuchs erst richtig aus.
Es ist 6.26 Uhr, über Nacht hat es sich etwas abgekühlt. Wer auf den Mount Augustus klettern will, muss früh aufstehen, spätestens mittags wird die Hitze zu groß für große körperliche Anstrengungen. Und der Aufstieg ist alles andere als ein Spaziergang: Gut drei Stunden geht es zum Teil steil himmelwärts. 650 Höhenmeter sind zu überwinden, anfangs mit der Taschenlampe in der Hand, dann im Schatten des Berges. Denn der «Summit Trail» liegt an der Westseite des 1106 Meter über Meeresniveau reichenden Berges.
Bald blinzelt die Sonne das erste Mal hinter dem Gipfel empor, das Thermometer klettert rasch in Richtung 35 Grad. Kein Laut ist zu hören, kein Tier zu sehen, kein Flugzeug zieht Kondensstreifen am Himmel. Nur ein paar Fliegen umschwirren die Wanderer, und der warme Ostwind lässt die Akazien zittern - anders als der Ayers Rock, ist Mount Augustus bis zum Gipfel mit Gestrüpp und Bäumen überzogen.
Der halbe Weg ist geschafft, Hemd und Gesicht sind schweißnass. Andere Wanderer sind nicht unterwegs - wie am Tag zuvor auf der Fahrt von der Küste hierher. Gut 450 Kilometer ohne Gegenverkehr, wann hat man das schon? Eine kleine Steinpyramide markiert den höchsten Punkt des Berges, ein Gipfelbuch wartet auf Einträge. Mit seiner Hilfe ist erkennbar, wann hier die Saison ist: In Australiens kälterer Jahreszeit von Mai bis Oktober klettern vor allem Einheimische hinauf, dann ändert sich im November das Bild: Deutsche, Schweizer, Polen - aus halb Europa kommen die Besucher, aber es sind immer nur wenige am Tag und manchmal wochenlang überhaupt niemand.
Es ist nun 9.25 Uhr, Zeit für den Abstieg, ehe die Hitze zu groß wird. Die Wege sind mit Farbklecksen am Boden und rosa Schleifen in den Büschen gut gekennzeichnet, auch im «Gully Trail», dem zweiten Weg nach oben. Er verläuft parallel zum «Summit Trail», führt durch einen trockenen Bachlauf und hat einige sehr steile Passagen - nichts für Wanderer, die der Ansicht sind, schon genug geschwitzt zu haben.
Noch vor dem Sonnenhöchststand ist der Parkplatz wieder erreicht, hin und zurück dauerte die Tour fünf Stunden. Jetzt schnell unter die Dusche - entweder in der 25 Kilometer entfernten Cobra-Station, die staatlich betrieben wird und «Urlaub auf dem Bauernhof» bietet, oder im «Mount Augustus Tourist Resort» mit 20 kleinen Hütten, Restaurant, Campingplatz und Telefonzelle.
Der Ayers Rock lässt sich zu Fuß in wenigen Stunden umrunden, beim Mount Augustus würde das sehr viel länger dauern. Ein 49 Kilometer langer Kurs führt um den roten Felsbrocken herum, an einigen Stellen sind Felsmalereien von Aborigines zu finden. Sie sind recht klein und «mehr Handwerk als Kunst», sagt Mike Flood, der Regionalvertreter von Tourism Western Australia in Carnarvon. «Sie zeigen, dass die Lebensbedingungen hier viel härter waren und sind als zum Beispiel im Kakadu Nationalpark ganz im Norden Australiens. Dort gibt es Nahrung im Überfluss, dort war Zeit für kunstvolle Felsmalereien. Hier gab es mit Glück ein Känguru im Monat als Resultat einer langwierigen Jagd.»
Ein Abstecher nach Nordwesten führt zum «Emu Hill Lookout», einem Hügel mit prächtiger Aussicht auf den Mount Augustus. Inzwischen ist es Abend geworden, die Sonne färbt den Felsen in immer tieferem Rot. Kein Laut ist zu hören, kein Tier zu sehen - und keine Touristen, die ihre Digitalkameras an die Belastungsgrenze bringen. An diesem einsamen Ort fühlt sich der Reisende eins mit dem Berg und mit dem Land. Der weite Weg, die mühsame Anfahrt - sie haben sich gelohnt.
Informationen: Tourismusbüro der Verwaltungsregion Upper Gascoyne, Telefon von Deutschland: 0061/8/99 43 09 88
Tourism Australia: www.australia.com
Department of Environment and Conservation: www.naturebase.net