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Motorrad Motorrad: Auch mit 66 Jahren nicht zu bremsen

Von MICHAEL PIETSCH 27.07.2009, 19:25

HALLE/MZ. - "Was soll ich machen? Ich kann ja nicht ständig die Bremsen anziehen, wenn Dieter seiner großen Leidenschaft frönt und damit glücklich ist", sagt Verena Krause. Ihr Mann hatte sich am Sonntag das Motorrad-Regenrennen von Donington um den Großen Preis von Großbritannien angeschaut - mit dem Desaster für die deutschen Piloten. "Als Ralf Waldmann stürzte, bin ich schon zusammengezuckt, sah die Sache aber gelassen. Ihm ist ja nichts passiert", sagt Krause einen Tag später.

War für den 43 Jahre alten Zweirad-Rentner Waldmann, den WM-Zweiten von 1996 und 1997, das Kurz-Comeback vielleicht doch reiner Übermut? Krause sieht das nicht so: "Ich kann Ralfs Motive nachvollziehen, es sieben Jahre nach dem Karriere-Ende nochmal zu wagen. Wer einmal mit dem Virus Motorradsport infiziert ist, kommt nicht mehr los." Krause muss es wissen, war er doch in den 60er und 70er Jahren einer der erfolgreichsten MZ-Rennfahrer der DDR.

Und mit 66 Jahren fängt für ihn das zweite Motorsport-Leben nicht erst an. Es war nur unterbrochen, als die Pumpe im eigenen Körper nicht mehr so richtig wollte. Jetzt gibt der gelernte KfZ-Schlosser wieder Gas, vor allem in seiner zweiten Wohnstube - der Werkstatt gleich neben dem schmucken Häuschen in Halles Süden. Seit 1996 Rentner, bastelt er an seiner großen Liebe, neben Verena natürlich. "Ich baue eine 350er Yamaha von 1972 wieder auf", sagt er und streicht sanft über die neue alte Maschine.

In solchen Momenten werden Erinnerungen wach. Wie etwa an die Zeit zwischen 1966 und 1969, als Krause der einzige DDR-Fahrer auf 250er Maschinen war, der im "Nichtsozialistischen Wirtschaftsraum" startete - auf dem Salzburgring, im schwedischen Anderstorp und in Assen (Holland). "Der technische Rückstand unserer MZ-Motorräder ließ mir aber gegenüber den Werksmaschinen von Honda und Yamaha bei WM-Läufen keine Chance", so Krause. "Ich fuhr damals eine 250er Einzylinder auf MZ-Basis, die Konkurrenz Sechszylinder mit doppelter PS-Zahl."

Allerdings trat Krause nicht nur gegen die damaligen Stars der Szene an, sondern knüpfte auch Kontakte. Zum 15-maligen Weltmeister Giacomo Agostini ebenso wie zu Kurven-Ass Mike Hailwood, Sechsfach-Champion Phil Read und John Surtees, der mit dem Motorrad und im Formel-1-Wagen zu WM-Gold raste. Mit Dieter Braun, dem damals Besten aus Deutschlands Westen, hat der Hallenser noch heute Kontakt. "Wir treffen uns bei Klassiker-Rennen. Das sind eigentlich nur Präsentations-Veranstaltungen. Aber wenn wir alten Herren auf dem Bock sitzen, wird wieder ganz schön am Gashahn gedreht", sagt Krause schmunzelnd.

Hat er nie Angst? "Die darfst du in unserem Sport nicht haben. Denn der Angstmoment verzögert die Reaktion." 1969, beim WM-Lauf in Budapest, nutzte Krause aber auch diese Einsicht nichts. Nach einem Sturz sprang er dem Tod gerade noch von der Schippe.

Seine Maschine selbst anschieben kann Krause heute nicht mehr. Die lange Erholungsphase nach den Infarkten, Bypässe und die Spätfolgen einer Schulter-Operation verhindern das. Trotzdem plant der Rennsport-Oldie unbeirrt seinen nächsten Einsatz Mitte August beim Klassikertreffen in Schotten (Hessen). "Ich hoffe, mein Rennanzug kommt Ende der Woche wieder vom Leder-Schneider zurück", lässt Krause den Optimisten heraushängen. Wie immer.