Microsoft packt etliche Funktionen in «Live»-Dienst
Unterschleißheim/Hamburg/dpa. - Wer in diesem Herbst seinem PC-Betriebssystem leise Servus sagt und das neue Windows 7 aufspielt, wird möglicherweise einiges vermissen: die Mail-Funktion, den Movie Maker oder auch den Messenger.
Denn beim Entwickeln von Windows 7 hat Microsoft die Funktionen gestrichen. Nutzer müssen aber nicht auf sie verzichten. Als Teile des kostenlosen Programmpakets «Windows Live» lassen sie sich herunterladen oder im Browser nutzen. Darüber hinaus hat Microsoft der einen oder anderen Funktion ein wenig Feinschliff verpasst.
«Wir haben versucht, das Betriebssystem schlank zu halten, deshalb haben wir wesentliche Elemente in Windows Live ausgegliedert», erklärt Olivier Blanchard, bei Microsoft in Unterschleißheim nahe München für alle Services rund um die Programmsammlung zuständig. Zu den Funktionen, die Nutzer ab sofort herunterladen und ins Betriebssystem integrieren oder eben online im Browser nutzen müssen, gehört auch die Fotogalerie zum Verwalten und Bearbeiten von Bildern. Ebenso gilt das für das Blog-Programm Live Writer, die Toolbar und die Family-Safety-Software, die bestimmte Inhalte für Kinder blockiert.
Die Dienste herunterzuladen, funktioniere über einen Link in Windows 7 und sei mit ein paar Klicks erledigt, verspricht Blanchard. Das bewahrt Nutzer nicht zuletzt davor, über Google zu suchen und womöglich bei Abzockern zu landen, die für die Gratis-Angebote Geld verlangen. «Am besten lädt man das aus erster Quelle - bei Bill», rät Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf - und meint damit Microsoft-Boss Bill Gates.
«Für einen durchschnittlichen Windows-Nutzer ist das Herunterladen der Live-Programme kein Problem», ist Andreas Sauerland von der Zeitschrift «Computer Bild» überzeugt. «Das läuft über einen 'Web-Installer' und ist in weniger als einer halben Stunde erledigt.» Grundsätzlich hält der Experte die Ausgliederung für eine sinnvolle Sache. «Mich haben die zusätzlichen Icons unter Windows bisher zwar nicht gestört, aber das ist Geschmackssache.» Der Nutzer habe nun die Wahl, um welche Funktionen er sein Betriebssystem erweitern will und um welche nicht.
Wer will, kann freilich auch komplett auf Windows Live verzichten - und verpasst dann nach Sauerlands Worten nicht unbedingt etwas: «Die Programme sind nicht konkurrenzlos, gute Bildbetrachter oder Messenger gibt es auch anderswo kostenlos.» Aber gut, praktisch und in Sachen Sicherheit unbedenklich seien sie zweifellos. «Ich bin Fan von Windows Live, weil ich es komfortabel finde.» Live Writer zum Beispiel sei eine stabil laufende Blog-Lösung.
Eine grundsätzliche Überarbeitung von Windows Live geht mit der Ausgliederung der Funktionen aus dem Betriebssystem nicht einher. Das nächste «Major Release» des Pakets werde es wohl im Frühjahr 2010 geben, sagt Olivier Blanchard - nachdem die aktuelle Version, die «Wave 3», seit diesem Frühjahr online ist.
Trotzdem haben die Entwickler einige neue Funktionen eingebaut, etwa ins Mail-Programm: «Es gibt jetzt eine Auto-Aktualisierung des Posteingangs.» Wer sich mit seiner Windows-Live-ID eingeloggt hat, bekommt neue Mails angezeigt, ohne «Aktualisieren» drücken zu müssen. Noch nicht zu Ende geschriebene Nachrichten aktualisiert das Programm alle drei Minuten automatisch und speichert sie im Entwürfe-Ordner.
Fehlerhafte Adressen in der Kontaktliste sollen besser erkannt werden. Anhänge von E-Mails lassen sich mit einem Klick als kompakte Zip-Dateien auf dem Rechner speichern. Wer neben Live Mail auch den E-Mail-Dienst von Google oder AOL nutzt, kann dort gespeicherte Adressen ab sofort direkt in sein Microsoft-Postfach übertragen.
Verzichtet hat man auf eine Funktion, die Nutzer beim Festlegen des Mailfach-Passworts gegebenenfalls bittet, sich ein schwerer zu knackendes auszudenken. Genau das wurde zuletzt immer wieder geraten - angesichts Zehntausender gehackter Hot-, G- oder Yahoo-Mail-Konten. Die Tatsache, dass Microsoft die Funktion nicht eingebaut hat, passt zur Strategie, die das Unternehmen für Windows 7 gewählt hat: die Nutzer nicht mehr wie beim Vorgänger Vista ständig mit Warnhinweisen derart zu nerven, dass sie sie irgendwann gar nicht mehr beachten.