Lifestyle Lifestyle: Die «Grüne Fee» als Szene-Getränk
Berlin/gms. - Es sindwohl eher der verruchte Ruf und die der hochprozentigenWermut-Mischung zugeschriebene besondere Wirkung, die immer mehrMenschen zu dem bitteren Schluck verführen.
«Das erste Stadium ist wie normales Trinken, im zweiten fängt manan, ungeheuerliche, grausame Dinge zu sehen, aber wenn man esschafft, nicht aufzugeben, kommt man in das dritte Stadium, in demman Dinge sieht, die man sehen möchte, wundervolle, sonderbareDinge», beschrieb schon der Dichter Oscar Wilde die Wirkung desAbsinths. Er war dem heute Mythen-umrankten Getränk ebenso verfallenwie etwa Pablo Picasso oder Vincent van Gogh, der sich sein linkesOhr angeblich im Absinth-Rausch abgeschnitten haben soll.
Solche und ähnliche Legenden, die oft von blutigen Gräueltatenunter Absinth-Einfluss berichten, machen es den heutigenAbsinthhändlern leicht, ihren Likör an den trendbewussten Trinker zubringen - trotz Preisen zwischen 60 und 90 Mark pro Flasche: «Absinthbedient einen Mythos. Jeder hat irgendwann schon einmal davon gehört,alle sind neugierig - es war verboten, also muss es etwasInteressantes sein», sagt Dagmar Lohmann, Geschäftsführerin der 1999gegründeten Firma absinth-depot in Berlin (Internet:http://www.absinth-depot-berlin.de), die nach eigenen Angaben alserste mit der Absinth-Einfuhr in Deutschland begann.
«Es hat etwas Verruchtes, etwas von Bohème-Kultur», erklärt auchIbrahim Bolu vom Absinth-Handel «Absintheon»(http://www.absintheon.com) in Berlin die plötzlich wiedererwachtePopularität. «Wie eine Sintflut» breche derzeit die Absinth-Nachfrageüber das seit dem vergangenen Jahr bestehende Unternehmen herein.
Als Auslöser für die besonders berauschende Wirkung des Absinthsgilt - neben dem hohen Alkoholgehalt von bis zu 70 Prozent - dasNervengift Thujon, das im Wermut enthalten ist. Anfang des 19.Jahrhunderts wurde Thujon für die schweren Schäden verantwortlichgemacht, die der Absinth-Missbrauch nach sich zog, von epileptischenAnfällen bis zur Blindheit. In fast allen Ländern Europas, darunterauch Deutschland, wurde er deshalb verboten.
Die heute erhältlichen Mischungen sind jedoch wesentlich niedrigerdosiert und werden auch gründlicher kontrolliert: Erlaubt sind bis zuzehn Milligramm Thujon pro Liter. «An diesen Grenzwert kommen abernur die wenigsten Produkte heran», so Karlheinz Ebert vom der Firmaabsinth-point in Aschaffenburg, die unter http://www.absinth-point.deim Internet mit dem Trend-Likör handelt. Durchschnittlich liege derThujon-Anteil bei nur 3,5 Milligramm.
«Vorausgesetzt, diese Grenzwerte werden eingehalten, gehen vomAbsinth sicherlich nicht mehr Gesundheitsgefahren aus als von anderenAlkoholika», erklärt Jürgen Kundke vom Bundesinstitut fürgesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) inBerlin.
Trotz der geringen Thujon-Anteile schwören die heutigenAbsinth-Anhänger weiter auf den ganz besonderen Rausch, der schonnach wenigen Schlucken eintreten soll: «Die Wirkung geht weit überdie von anderen alkoholischen Getränken hinaus. Es stellt sich imKopf eine sehr interessante Klarheit ein», sagt Ibrahim Bolu.
Pur trinken den hochprozentigen Schnaps nur wirklich Abgehärtete.Als Sommergetränk werde der Absinth in vielen Bars lang gestreckt mitEis und Wasser serviert, erzählt Bolu.