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Leinen los in Irland Leinen los in Irland: Bootsferien auf Shannon und Erne

Von Hilke Maunder 22.04.2003, 10:58
Leinen los im Morgengrauen - bei Sonnenaufgang lässt sich die Landschaft noch einmal ganz anders erleben. Manchmal begleiten Reiher und Höckerschwäne die Fahrt, manchmal haben die Skipper den Fluss ganz für sich. (Foto: Irisches Fremdenverkehrsamt/dpa/gms)
Leinen los im Morgengrauen - bei Sonnenaufgang lässt sich die Landschaft noch einmal ganz anders erleben. Manchmal begleiten Reiher und Höckerschwäne die Fahrt, manchmal haben die Skipper den Fluss ganz für sich. (Foto: Irisches Fremdenverkehrsamt/dpa/gms) Irisches Fremdenverkehrsamt

Belturbet/dpa. - In Irland gibt es nicht nur gutes Bier und reichlich Grün, sondern auch viel Wasser: Die irischen Flüsse Shannon und Erne bilden das ausgedehnteste Wasserstraßen-System Europas. Mehr als 750 Kilometer Flüsse, Seen und Kanäle lassen sich ohne Bootsführerschein befahren. An Land locken Ausflüge zu Burgen, Klosteranlagen und Tropfsteinhöhlen, eine Runde Golf oder ein Abstecher in einen Pub.

Ausgangspunkt für eine Bootstour ist Belturbet, eine Kleinstadt im County Cavan. An der Marina von Emerald Cruises macht Michael Kolbohm die Gäste-Crew mit dem Boot vertraut. Die erste Strecke führt geradeaus. In Belturbet ist der Erne ist nur wenige Meter breit, Schilf säumt das Ufer. Der Fluss drückt das Boot mit der Breitseite in die Strömung, dreht das Heck. Mit voller Kraft geht es zurück zum Anlegemanöver an die Marina.

Belturbet, nahe der Grenze der Republik Irland zu Nordirland, markiert das Ende des schiffbaren Bereichs auf dem Erne. Die Erweiterung gen Süden ist geplant. Heute jedoch führen sämtliche Touren nur nach Norden in die Fermanagh Lakelands, einer nahezu unberührten Seenlandschaft.

Während sich der Lower Lough Erne als weite Wasserfläche inmitten von Hügeln präsentiert, ist der Upper Lough Erne mit kleinen und größeren Inseln übersät. Das Endziel liegt 85 Kilometer entfernt: Belleek. Der erste Törn führt nach Iniscorkish. Auf der kleinen Insel, seit gut 300 Jahren von der Familie Reihill bewohnt, servieren Sheila und John Reihill deftige Hausmannskost. Ihr Restaurant ist ein großer Raum mit einfachen Holztischen, Stühlen und Bänken. Während Sheila am Herd steht, zapft John Glas um Glas Guinness.

Am zweiten Tag hat sich der Rhythmus an Bord eingespielt. Erstes Tagesziel ist Enniskillen. Die Pier liegt an der Watergate, einer Burg aus dem 15. Jahrhundert, die Handel und Schifffahrt auf dem Erne bewachte. Heute präsentieren drei Museen Geschichte und Kultur der Region und des Regiments der Royal Inniskillin Fusiliers.

Der Wetterbericht macht die Weiterfahrt nach Norden zunichte: Stürmische Winde und kabbelige See auf dem Lower Lough Erne. Um das zu meistern, fehlt dem Kabinenkreuzer die Kraft. So führt die Fahrt nach Süden, hin zum Shannon-Erne-Waterway. Die Wiedereröffnung des alten Verbindungsweges zwischen den beiden größten Wasserwegen Irlands ließ 1994 Europas größtes Inland-Revier entstehen.

Es erstreckt sich auf 750 Kilometern zwischen dem nordirischen Töpferstädchen Belleek im County Fermanagh bis nach Killaloe an der Mündung des Shannon. Sämtliche Schleusen werden elektronisch überwacht und mit einer «Smart Card» bedient. Die Chipkarte öffnet nicht nur die Schleusentore, sondern auch Türen der Servicehäuschen mit Waschmaschine, Trockner und Dusche.

Am Corraquill Lock ruht ein Gedenkstein neben der Schleuse im Gras. Er erinnert daran, dass der Woodward River die grüne Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland markiert.

Bei ablaufendem Wasser hat sich der Kabinenkreuzer mit seiner gummigeschützten Bugspitze am Kai aufgehängt und schwebt zwischen beiden Schleusenwänden. «Die erste Schleuse?» fragt Joe John McCaffrey, schiebt seine Tweed-Mütze in die Stirn und zeigt auf zwei gelbe Linien an den Natursteinmauern. «Zwischen diesen "danger lines" muss das Boot beim Schleusen liegen», sagt er, schickt die Crew zurück zum Boot und übernimmt die Regie. Der 50-jährige Ire ist Experte - er überprüft und wartet täglich die ersten acht Schleusen zwischen Corraquill und Lough Scur, dem höchstgelegenen See des Waterways.

Von dort führt die Fahrt durch acht Schleusen in einer regelrechten Wassertreppe hinunter zum Shannon. Der längste Fluss Irlands entspringt in der Grafschaft Cavan. Als Bach erreicht er Lough Allen. In Carrick-on-Shannon ist er bereits ein ansehnlicher Strom.

Am Anleger sind alle Plätze belegt. Auf dem Shannon bedeutet Hausbooturlaub «big business»; ganze Ortschaften, Lokale und Ausflugsziele leben von den Bootstouristen. Historische Dörfer wie Jamestown und Drumsna haben sich in den vergangenen Jahren herausgeputzt.

Bei Richmond Habour nahe Cloondara mündet der Royal Canal seit 1817 in den Shannon. Der Kanal bildet das Verbindungsglied zum Barrow-River, dem zweitlängsten Fluss Irlands.

Hinter Lough Ree wird die Landschaft flach. Plötzlich ragen zwei schlanke, steinerne Rundtürme zwischen den Wiesen auf, dann eine Kapelle und die Ruine einer Burg: Clonmacnoise. Die frühchristliche Klosteranlage gehört zu den meist besuchten Sehenswürdigkeiten der Shannon-Region. Vom Wiesenhügel sind südlich die 16 Bögen der Shannonbridge zu erkennen, gen Norden ist die Burg von Athlone zu sehen. An der Pier im Schatten der meterdicken Festungsmauern wird das Boot zum letzten Mal vertäut.

Informationen: Irisches Fremdenverkehrsamt, Gutleutstraße 32, 60329 Frankfurt, (Tel.: 069/92 31 85 50, Fax: 069/92 31 85 88, E-Mail [email protected])

Irland und Nordirland (Grafik: dpa)
Irland und Nordirland (Grafik: dpa)
Sven-E. Hauschildt