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Leichtathletik Leichtathletik: Zehnkämpfer Willi Holdorf wird 65

Von Hans-Hermann Mädler 15.02.2005, 16:22
Das NOK-Mitglied Willi Holdorf, aufgenommen am 17.10.2002 in Frankfurt am Main. Er feiert am Donnerstag (17.02.2005) seinen 65 Geburtstag. Eine Geburtstagsparty ist in Achterwehr, einer kleinen Ortschaft zwischen Kiel und Rendsburg, nicht geplant. «Seit ich 40 bin, mache ich die großen Sausen nur bei einer Null. Also vielleicht in fünf Jahren wieder». (Foto: dpa)
Das NOK-Mitglied Willi Holdorf, aufgenommen am 17.10.2002 in Frankfurt am Main. Er feiert am Donnerstag (17.02.2005) seinen 65 Geburtstag. Eine Geburtstagsparty ist in Achterwehr, einer kleinen Ortschaft zwischen Kiel und Rendsburg, nicht geplant. «Seit ich 40 bin, mache ich die großen Sausen nur bei einer Null. Also vielleicht in fünf Jahren wieder». (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Eine Geburtstagsparty ist in Achterwehr, einer kleinen Ortschaftzwischen Kiel und Rendsburg, nicht geplant. «Seit ich 40 bin, macheich die großen Sausen nur bei einer Null. Also vielleicht in fünfJahren wieder.» Seine zweite Ehefrau Sabine, die beiden Kinder ausder ersten Ehe mit Handball-Nationalspielerin Doris von Jutrzenka unddrei Enkelkinder werden den Festtag mit ihm begehen.

Dass dramatische Bilder wie die, die er vor gut 40 Jahrenunfreiwillig lieferte, in der heutigen Medienwelt ebenfalls Gold wertwären, weiß der gelernte Starkstromelektriker und Diplomsportlehrergenau. Seit 1970 ist Holdorf Repräsentant desSportartikelunternehmens adidas, und will das auch noch über dasPensionsalter hinaus bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Pekingbleiben. Der gebürtige Schleswig-Holsteiner ist seit vielen Jahren inden Deutschen Häusern bei Olympia präsent, betreut für seine Firmaunter anderen das Nationale Olympische Komitee (NOK) und dieLeichtathleten.

Damals brachte ihm der Wettkampf seines Lebens keine müde Markein. «Sporthilfe gab es noch nicht, auch sonst war finanziell nichtslos», sagt Holdorf. Er zog daraus seine Konsequenzen: Der Olympia-Zehnkampf war der letzte des zweimaligen deutschen Meisters(1960/1963). Holdorf musste Geld verdienen, die Ausbildung an derSporthochschule in Köln hatte Vorrang. «In Deutschland war das Niveauder Zehnkämpfer so hoch, da musstest du im Training knüppeln, ummithalten zu können.» So gab er seine Erfahrungen zunächst alsTrainer in Leverkusen weiter, dort wo Bert Sumser und FriedelSchirmer ihn zum «König der Athleten» geformt hatten.

Ganz endgültig war der Abschied vom Leistungssport aber dochnicht. Der schnelle, kräftige «Sportler des Jahres 1964» setzte sichnoch als Anschieber in einen Zweierbob - mit Erfolg: 1973 wurdeHoldorf mit Horst Floth als Pilot Vize-Europameister undWeltmeisterschafts-Vierter. Danach versuchte er sich 1974 alsFußball-Trainer des damaligen Bundesligisten Fortuna Köln.

Willi Holdorf hatte seine Sportkarriere als Fußballer begonnen undwar erst mit 18 zum Zehnkampf gekommen. «Viel zu spät, das wäre heutegar nicht mehr denkbar.» Der zwei Zentner schwere, aber nur 1,82 mgroße Athlet hatte seine Stärken in den Schnellkraft-Disziplinen,aber große Probleme mit dem Speer und den 1500 m. Und so war dieAusgangslage vor der zehnten Disziplin in Tokio denkbar schlecht.

Der Este Rein Aun, der nur 127 Punkte zurücklag, hatte eineBestzeit, die um 207 Zähler besser war als die des Deutschen. Holdorfdurfte nur 18 Sekunden oder 100 m verlieren. Als der gleichaltrigeAun jubelnd das Ziel erreichte, kam Holdorf gerade aus der letztenKurve heraus und übersäuerte angesichts der drohenden Niederlage beimVersuch zu retten, was zu retten ist. Doch beide hatten sichverrechnet: Im Tokioter Olympistadion war die Zielgerade nur 80 Meterlang. Holdorf rettete mit 7887 Punkten und 45 Zählern Vorsprung seinGold vor Aun (7842) und dem Mainzer Hans-Joachim Walde (7809).

«Wenn du dich bei Olympia nicht zusammenreißen kannst, wann dann»,ist Holdorfs Erklärung für den unerwarteten Erfolg, der ihm in ReinAun auch einen guten Freund bis zu dessen frühem Tod bescherte.