Leichtathletik Leichtathletik: Stabhochspringerin rennt der Angst davon
Sindelfingen/dpa/MZ/zag. - Annika Becker rannte von der Stabhochsprung-Anlage weg, als ginge es um ihr Leben. Sie landete weich in der Sandgrube. Ganz anders als bei ihrem schweren Unfall vor einem Jahr, als der Erfurterin im Training der Glasfieberstab brach und sie so kopfüber auf die Matte stürzte, dass die Beobachter nur eines dachten: Hoffentlich hat sich die Vize-Weltmeisterin nicht das Genick gebrochen. Annika Becker kam mit großen Schmerzen, einem Muskelanriss und sechs Wochen Halskrause davon. Aber sie kam nicht mehr auf die Beine in ihrer Disziplin. Bei den deutschen Hallen-Meisterschaften am Samstag in Sindelfingen trat Annika Becker im Weitsprung an. Mit 6,40 Metern holte sie sich die Bronzemedaille.
Sie kehrte ihren Konkurrentinnen den Rücken, als diese sich direkt hinter ihr in die Höhe schraubten. "Ich habe mich auf das Weitspringen konzentriert, aber auch immer mal wieder rübergelinst." Und? "Ich würde mit dem Stabhochspringen wieder anfangen, wenn das Kribbeln wieder da ist", sagte sie auf die Frage nach ihrem Comeback. "Ich werde bestimmen, wann es losgehen kann."
Während Annika Becker sich die Sandkörner aus den Schuhen schüttete, versuchte die Mainzerin Carolin Hingst, ihr im Glaspalast den deutschen Rekord von 4,68 Metern abzujagen. Doch die neue Titelträgerin scheiterte an 4,70 Metern. "Sie fehlt uns. Ich würde sie lieber bei uns hier sehen", sagte Carolin Hingst über ihre alte Rivalin. Der Unfall? "Das gehört dazu. Ich bin auch schon öfter neben der Matte aufgekommen. Das ist ein Restrisiko, damit muss man leben." In den USA tragen viele Stabhochspringer Helme, weil es sogar Tote gegeben hat.
Annika Becker wurde auch schon empfohlen, sich einen Psychologen zu nehmen. "Ich schaffe es alleine", betonte die rothaarige Sportlerin, deren Höhenflüge ein so jähes Ende genommen haben. Und: "Ich finde es schade, dass meine Leistung beim Weitsprung nicht so richtig anerkannt wird."
Für das Glanzlicht der Titelkämpfe sorgte Tobias Unger. Der Schwabenpfeil vom LAZ Kornwestheim stellte einen deutschen Hallen-Rekord über 200 Meter auf. Mit seinen 20,56 Sekunden blieb er um eine Hundertstel unter der 21 Jahre alten bisherigen Bestzeit.
Für Sachsen-Anhalts Athleten gab es drei Medaillen. Der 19-jährige Magdeburger Matthias Haverney gewann den Hochsprung. Er steigerte seine Bestleistung um zwei Zentimeter und schaffte als Einziger die 2,22 Meter. Sein Vereinsgefährte Ruben Faller durfte gleich zwei Mal aufs Podest. Nachdem er über 400 Meter in 47,37 Sekunden zu Bronze gelaufen war, erkämpfte er danach mit der SCM-Staffel sogar Gold. Ohne Edelmetall blieb dagegen Magdeburgs Olympia-Zweite Nadine Kleinert. Ihr einziger gültiger Kugelstoß-Versuch wurde mit 18,11 Metern vermessen. Gold holte sich mit 18,93 Metern Astrid Kumbernuss, die bei der Kader-Einstufung nicht mehr berücksichtigt wurde und nun laut über ihren Rücktritt im September nachdenkt.
Die Hallenser gingen leer aus. Katja Wakan sprintete über 60 Meter in 7,49 Sekunden am Treppchen vorbei und wurde ebenso Fünfte wie Geherin Ulrike Sischka. Dreispringer Sascha Matthies landete mit enttäuschenden 15,76 Metern auf Rang sechs.