Leichtathletik Leichtathletik: «Flugschau» in der Landeshauptstadt

Berlin/dpa. - Das sollte drin sein, um aus demSchatten eines Tim Lobinger zu treten.»
Bescheidenheit á la Börgeling. Denn der 23-Jährige vom TSV BayerLeverkusen stand in dieser Saison öfter im Rampenlicht als seinsieben Jahre älterer Dauerrivale von der LG Eintracht Frankfurt. Der«Fun-Sportler», wie ihn das neue «Leichtathletik-Magazin» tituliert,eroberte bei der Europameisterschaft in München Silber vor Lobinger.14:12 steht es in der Jahresbilanz der Wettkämpfe, in denen beidegegeneinander antraten für Börgeling. Lobinger hält mit 5,90 m seitdem 10. Juni die Jahresweltbestleistung, Börgeling flog am 27. Julimit 5,85 m so hoch wie noch nie in seiner Karriere. «Damit bin icheigentlich noch nicht zufrieden», meinte der Stabartist.
Von einer EM-Revanche gegen Börgeling und Europameister AlexAverbuch (Israel) will Lobinger nichts wissen. «Was ich in Münchennicht geschafft habe, kann ich beim ISTAF nicht wieder gut machen»,gestand der deutsche Rekordhalter, der die magischen sechs Meterschon zwei Mal (1997 und 1999) überwunden hat. «Die Konstanzentschädigt mich für meinen Misserfolg bei der EM. Keiner ist indieser Saison so oft über 5,80 m gesprungen wie ich.»
Der zweimalige Hallen-Europameister ist der «Vielflieger» derdeutschen Leichtathletik. Über 30 Freiluft-Wettkämpfe hat dersechsmalige deutsche Meister im EM-Jahr bereits bestritten, und dieSaison ist noch nicht zu Ende: Das ISTAF, das Grand-Prix-Finale inParis und der Weltcup in Madrid sind weitere Höhepunkte im September.Die Vielstarterei hat sich für den Profisportler in barer Münze, aberauch in Grand-Prix-Punkten ausgezahlt: In seiner Disziplin ist der«Mann mit dem Zopf» Zweiter hinter Tim Mack (USA), in derGesamtwertung lauert er auf Platz 15.
«Früher hätte ich dem ersten Platz im Grand Prix hinterher gejagt,heute ist das nur noch Ergebniskosmetik für mich», versicherte derModellathlet aus Meckenheim. Die unverhohlene Kritik aus demDeutschen Leichtathletik-Verband (DLV) an seinen vielenAuslandsstarts kann Lobinger überhaupt nicht nachvollziehen. «Mandenkt heute auch in der Leichtathletik global und europäisch», so der30-Jährige, «und wenn wir uns da nicht im Ausland zeigen, geht diedeutsche Leichtathletik komplett unter.»
DLV-Generalsekretär Frank Hensel hatte Lobinger markige Sätze insStammbuch geschrieben: «Nur des Geldes wegen herum zu tingeln, tutder sportlichen Entwicklung oft nicht gut.» Hensel fordert mehrPräsenz der deutschen Sportler im eigenen Land und nicht nurAuftritte auf der internationalen Bühne. Lobinger sieht das anders:«Wenn das umgesetzt wird, ist die Leichtathletik in Deutschlandpleite. Das wäre das Schlimmste, was man ihr antun könnte.»