Leichtathletik: Leichtathletik: Armin Hary wird 65

Furth/dpa. - Drei Mal musste er die 10,0 Sekunden über 100 mlaufen, dann war es am 21. Juni 1960 in Zürich endlich amtlich: ArminHary ist Weltrekordler. Wenige Wochen später wurde der gebürtigeSaarländer in Rom Olympiasieger im Sprint und mit der Staffel. Dabeiwar Hary, der auch in anderen Bereichen für Schlagzeilen gesorgt hat,nur vier Jahre lang international aktiv. Diese Zeiten sind langevorbei für den berühmten Athleten, der am Freitag 65 Jahre alt wird.«Sport war nur ein Kapitel meines Lebens», betont er. «Ich habe vieleFehler gemacht, aber ich habe auch viel gut gemacht.»

Heute hat Hary kaum noch etwas mit der Leichtathletik zu tun, abund zu sieht er sich Wettkämpfe im Fernsehen an. Seit einemdreiviertel Jahr wohnt der agile Wahl-Bayer mit seiner FrauChristina, mit der er seit 36 Jahren verheiratet ist, zwei Hunden undzwei Katzen in Furth bei Landshut, in einem selbst entworfenen undselbst gebauten Haus. Er spielt gerne Golf (Handicap 8) oder radeltdurch die Gegend. Nebenbei ist er noch als Berater im Bauwesen tätig.

«Ich habe einen großen Bekanntenkreis, aber wenig richtigeFreunde», sagt Hary. «Aber man darf nicht zu kritisch sein, sonstsitzt man eines Tages ganz alleine da. Ich bin ein gebranntes Kind.»Der einstige Sprintstar wollte immer auch als Mensch und nicht nurals Olympiasieger anerkannt werden. «Dies hat mich auf die Palmegebracht», sagt der Vater zweier erwachsener Kinder. «Ich hasseVorurteile. Ich kann doch einen Menschen nicht beurteilen, wenn ichihn nicht kenne.» Immer wieder seien Gerüchte und Unwahrheiten überihn verbreitet worden. Dabei habe er in den vergangenen zehn Jahrenfast keine Interviews gegeben.

Hary ging immer seinen eigenen Weg - «weil der erfolgreich war».Oft hat man den zweifachen Europameister mit dem Schauspieler JamesDean verglichen, der als «Rebell» seiner Zeit galt. Hary wurde vomDeutschen Leichtathletik-Verband (DLV) gesperrt. Ihm wurdevorgeworfen, das Ansehen seiner Sportart im In-und Ausland beschädigtzu haben, weil er Funktionäre kritisiert hatte und sich durch einefalsche Spesenabrechnung finanzielle Vorteile verschafft haben soll.

Schon mit 24 Jahren hat er aufgehört mit dem Sport. «Ich hattealles erreicht. Gut, man hätte sagen können, wenn er 10,0 läuft,warum soll er nicht 9,9 versuchen. Aber dann hätte man immer soweiter machen können. Ich hatte genug», sagt Hary. Dazu kam, dass ersich bei einem Autounfall eine Knieverletzung zugezogen hatte.

Hary hat sich ein dickes Fell zugelegt und nie auf seinegesellschaftliche Stellung Wert gelegt: «Ich habe meine Befriedigungimmer wo anders gesucht.» Ein Thema ist für ihn tabu: Mitte der 80erJahre stand der Immobilienmakler wegen Beihilfe zur Untreue imZusammenhang mit Kirchengrundstücken vor Gericht. «Über dieseGeschichte bin ich noch nicht weg», sagt er heute.

Der «Jahrhundertläufer» interessiert sich für Malerei und sammelt«alles, was schön ist». Seine vier Goldmedaillen liegen in einemverglasten Tisch. Ein Moment seiner Karriere ist ihm noch besondersin Erinnerung: «Als ich die 100 m in Rom gewonnen habe, hatte ichrichtig Angst, mich zu freuen. Denn egal was ich tat, irgendwie hatman mir das immer angekreidet.»

Sein Weltrekord wird ein Kuriosum in den Geschichtsbüchernbleiben: Bei einem Provinz-Sportfest 1958 in Friedrichshafen werdenseine 10,0 nicht anerkannt, weil die Bahn angeblich ein zu starkesGefälle aufweist. In Zürich liefert er die gleiche Zeit ab, doch dieJury hat einen Frühstart gesehen. Wutentbrannt fordert Hary einenWiederholungslauf - 10,0!