Korruptionsskandal um Allianz-Arena Korruptionsskandal um Allianz-Arena: «Löwen»-Präsident behauptet: «Weiß Null Komma Null»

München/dpa. - Nach drei Tagen in Untersuchungshaft ist der unter Korruptionsverdacht stehende «Löwen»-Präsident Karl-Heinz Wildmoser wieder frei. Durch einen Seitenausgang verließ der Präsident des Fußball-Bundesligisten TSV 1860 München am Freitag die Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim. In der Bestechungsaffäre um den Bau des neuen Münchner Fußballstadions «Allianz Arena» gehört der 64- Jährige aber weiter zum Kreis der Beschuldigten, wie die Staatsanwaltschaft betonte. Der Haftbefehl gegen ihn wurde lediglich unter Auflagen und gegen eine Kaution von 200 000 Euro außer Vollzug gesetzt.
Nach seiner Entlassung ist der Großgastronom offenbar zu einem Rücktritt als Präsident des Münchner Fußball-Bundesliga-Clubs TSV 1860 München bereit. «Ich gehe jetzt erst mal auf Distanz. Dann soll der Aufsichtsrat, der am Montag zusammentritt, entscheiden, ob ich weiter machen soll oder nicht», sagte der «Löwen»-Boss am Freitag in einem Interview mit dem Deutschen Sportfernsehen (DSF): «Aber wenn sich da jemand anderes findet, dann stört mich das nicht.»
Wenige Stunden nach seiner Freilassung äußerte sich der Multi- Millionär erleichtert. Er erwarte, «dass auch mein Sohn in Kürze wieder frei gelassen wird». Über die Vorwürfe wisse er «Null Komma Null». Kritik übte Wildmoser an Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). «Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, warum so auf mir rumgehackt wird», meinte der 1860-Chef, «das waren ja Menschen, die mit mir sehr verbunden waren. Ich denke da nur an unseren Oberbürgermeister, der als Rechtsanwalt und Aufsichtsratsmitglied von 1860 so eine Vorverurteilung vorgenommen hat.» Übers Wochenende plane er keine öffentlichen Auftritte, sagte Wildmoser. Stattdessen wolle er die Sache im Familienrat bereden.
Fast zeitgleich mit der Freilassung des Vaters wurde der Sohn, der weiterhin inhaftierte Karl-Heinz Wildmoser junior, als Geschäftsführer der Allianz Arena München Stadion GmbH abberufen. Sein Vertrag sei mit sofortiger Wirkung beendet, teilten der FC Bayern München und der TSV 1860 München als Bauherren des Stadions nach einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung mit. Die Anklagebehörde wirft den Wildmosers vor, in Schmiergeldzahlungen in Höhe von 2,8 Millionen Euro - ein Prozent des Auftragsvolumens - bei der Auftragsvergabe für den Stadionneubau verwickelt zu sein.
Wildmoser senior hatte am Vormittag bei einer eineinhalbstündigen Vernehmung nach Angaben der Staatsanwaltschaft beteuert, er habe von den Transaktionen nichts gewusst. «Wir gehen weiter davon aus, dass Herr Wildmoser senior an der Tat beteiligt war», betonte Christian Schmidt-Sommerfeld, Leiter der Staatsanwaltschaft München I, anschließend. Allerdings gebe es gewisse Anhaltspunkte, dass seine Beteiligung geringer sei als zunächst angenommen. Wildmosers Sohn und eine weiterer Beschuldigter hatten ausgesagt, der Senior sei nicht in die Zahlungen eingeweiht gewesen. Wildmoser senior sagte über seinen Sohn: «Ich denke, dass er irgendwo einen Fehler in Dresden gemacht hat, wo er verantwortlich war. Vielleicht war er aus Respekt vor mir nicht in der Lage, mir dieses einzugestehen.»
Unterdessen haben die Ermittler die Geschäftsführung der österreichischen Alpine Mayreder Bau GmbH ins Visier genommen, deren deutsche Tochterfirma das Fußballstadion baut. Gegen zwei der Geschäftsführer laufen Ermittlungen der Gendarmerie in Salzburg, wie die Salzburger Staatsanwaltschaft bestätigte.
Karl-Heinz Wildmoser junior hatte ausgesagt, er habe mit dem Alpine-Geschäftsführer Dietmar Aluta-Oltyan über die «Provisionszahlungen» verhandelt, wie Anwalt Ulrich Ziegert erläuterte. Bei dem Treffen, an dem auch Wildmosers mitbeschuldigter Schulfreund teilnahm, sei es um eine Provision für den Fall gegangen, dass der Auftrag an die Alpine vergeben würde. Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» gab es im Januar 2002 noch ein zweites Gespräch mit dem Sohn des Alpine-Geschäftsführers, Markus Aluta.
Wildmoser junior soll von den insgesamt 2,8 Millionen Euro knapp 2,2 Millionen Euro erhalten haben. Dieses Geld floss demnach in sechs Transaktionen in die Weißer Hirsch Immobilien GmbH in Dresden, die den Wildmosers zu gleichen Teilen gehört und die finanzielle Engpässe hatte. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft floss das Geld damit mindestens formell beiden Wildmosers zu. Mehr als 500 000 Euro soll ferner nach Medienberichten und Anwaltsangaben der Schulfreund Wildmosers erhalten haben, der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt. 60 000 Euro sollen an einen leitenden Mitarbeiter der Weißer Hirsch Immobilien GmbH in Dresden gegangen sein, der nach seiner Aussage frei gelassen wurde.
Die Schmiergeldaffäre war durch eine Umsatzsteuersonderprüfung in der Firma Consulting Network von Wildmosers Schulfreund aufgeflogen. Den Finanzprüfern waren die als Beratungshonorare ausgewiesenen Millionenbeträge aufgefallen. Der 40-jährige Schulfreund soll bei dem gleichaltrigen Wildmoser junior mit 400 000 Euro in der Kreide gestanden haben.
