Korruptionsskandal um Allianz-Arena Korruptionsskandal um Allianz-Arena: Ära Wildmoser endet mit Radau
München/dpa. - Ein Abschied mit Tumulten, ein Neuanfang mit einem Nobody - und erste Kontakte zu Rolf Rüssmann: Nach zwölf ereignisreichen Jahren ist die Ära Karl-Heinz Wildmoser bei 1860 München mit Radau zu Ende gegangen. Ein bis dahin völlig unbekannter Überraschungs-Kandidat soll den Krisen geschüttelten Fußball- Bundesligisten nach dem von großen Emotionen geleiteten Machtwechsel ruhigeren Zeiten entgegenführen. Mit der Bestellung des Wurstfabrikanten Karl Auer sorgte der Aufsichtsrat der Sechziger am Montagabend für eine verblüffende Wende im durch den Bestechungsskandal ausgelösten siebentägigen «Löwen»-Drama. Auch der neue Chef war höchst erstaunt. «Als mein Name fiel, bin ich richtig zusammengezuckt», sagte Auer.
Grölende 1860-Fans bereiteten Wildmoser am späten Abend einen unwürdigen Abgang, aber der 64-Jährige selbst hatte zuvor einen völlig reibungslosen Rückzug angetreten. «Ich habe viel erreicht mit den Löwen und für die Löwen. Ich denke, dass es jetzt für den Verein besser ist, wenn Ruhe ist. Für mich und meine Familie auch», sagte Wildmoser. Gleich zu Beginn der Aufsichtsrats-Sondersitzung hatte der durch die Vorwürfe in der Schmiergeld-Affäre um den Stadionbau belastete Wildmoser seinen Rücktritt verkündet und eine Kampfabstimmung verhindert.
«Uns fiel ein Stein vom Herzen. Er hätte uns und dem Verein keinen größeren Gefallen tun können», sagte Hans Zehetmair. Der frühere bayerische Kunst- und Wissenschaftsminister galt als Favorit auf die Chef-Nachfolge, ist nun aber auf eigenen Wunsch Vizepräsident.
Mit der Besetzung des Chefsessels sind die Umstrukturierungen beim Traditionsverein noch nicht beendet. Weiter offen ist die Nachfolge des als Hauptbeschuldigter des Bestechungsskandals in Haft sitzenden Ex-Präsidenten-Sohn Karl-Heinz Wildmoser junior als Geschäftsführer von Fußball-Abteilung und Stadion-GmbH. Als Kandidat gilt Rolf Rüssmann. «Es gab einen Kontakt, das ist richtig. Ich bin gesprächsbereit», bestätigte der frühere Manager von VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach am Dienstag der dpa.
Präsident Auer, der wohl erst im November die noch nötige Bestätigung durch die 1860-Delegiertenversammlung erhalten wird, äußerte sich jedoch skeptisch. «Es ist fraglich, ob wir das Geld haben. Ich sehe das im Moment nicht als Thema», sagte der 56-Jährige. Dem nach der Talfahrt in der Bundesliga und akuter Abstiegsgefahr in der Kritik stehenden Trainer Falko Götz sprach er deutlich das Vertrauen aus: «Falko Götz steht überhaupt nicht zur Debatte.»
Durch den Rücktritt Wildmosers dürfte sich das zuletzt schwer belastete Verhältnis zum FC Bayern München entspannen. Der große Nachbar und Partner beim Stadionbau hatte mitgeteilt, nicht mehr mit Wildmoser senior zusammenzuarbeiten, und gleichzeitig eine Zivilklage gegen Wildmoser junior angekündigt. Doch auch beim Lokalrivalen ist der neue Präsident ein unbeschriebenes Blatt. «Ich kenne Herrn Auer nicht. Aber vom Grundsatz her ist es ein Neubeginn, den wir für dringend notwendig erachtet haben», sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß.
Auer kündigte am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz an, das Gespräch mit den Verantwortlichen des FC Bayern zu suchen. «Wir werden uns bald treffen.» Für ihn sei klar, dass der TSV 1860 wieder einen der beiden Geschäftsführer-Posten für die Stadion GmbH stellen werde. Karl-Heinz Wildmoser junior sei die Kündigung ausgesprochen worden. «Er bezieht kein Gehalt mehr», sagte Auer. Eine mögliche Zivilklage gegen den Ex-Vereinsfunktionär wolle er zunächst mit seinen Anwälten beraten.
Längst wird gemunkelt, dass eigentlich Zehetmair in den nächsten Wochen die Richtung bestimmen wird, als erster Mann allerdings aus politischen Gründen im Aufsichtsrat nicht durchsetzbar war. «Wir brauchen jetzt vor allem Ruhe im Verein», sagte Auer. Unverhohlen gab sich Auer als Anhänger seines Vorgängers zu erkennen. Wildmoser selbst hatte ihn 1996 zum Aufsichtsratsmitglied gemacht.
Unterdessen räumte die Baufirma Alpine in dem Korruptionsfall um das neue Münchner Fußballstadion Zahlungen ein. «Dass die Konzernleitung Alpine-Mayreder Bau Salzburg GesmbH bei erfolgreichem Abschluss bereit war, eine Arrangement Fee an denjenigen zu bezahlen, der die Unternehmensleitung auf dieses prestigeträchtige Projekt aufmerksam gemacht und den Hinweis auf ein hoch kreatives Architekturbüro gegeben hat, ist weder rechtlich bedenklich noch unlauter», teilte die Alpine am Dienstag mit. Karl-Heinz Wildmoser junior ist weiter in Haft. Für seinen Vater geht Anwalt Steffen Ufer von einer Einstellung des Verfahrens aus.