Kornschnaps Kornschnaps: Eine geliebte und verkannte Spirituose

Dortmund/Münster/dpa. - Für die einen ist Korn ein Genuss, für die anderen billigerSchützenfest-Fusel. Ältere schwören auf spezielle Marken und kennenbisweilen den Brenner noch persönlich. Jüngere denken an Heimatfilmund Kuhstall und wollen lieber internationales Flair im Glas. Dabeikann der deutsche Branntwein neben Whisky, Wodka oder anderemFeuerwasser durchaus bestehen: Pohlmann zufolge zählt er wieitalienischer Grappa, griechischer Ouzo und der SchlehenschnapsPacharán aus Spanien zu den herkunftsgeschützten Spirituosen Europas.
Nach europäischem Recht darf sich nur Korn nennen, was aus dervergorenen Maische des vollen Korns von Weizen, Gerste, Hafer, Roggenoder Buchweizen destilliert wird - und das auch nur indeutschsprachigen Gebieten mit einer langen Korntradition. Sonstbleibt es «nur» eine Getreidespirituose. Verboten ist ebenso dasBeimischen von Alkohol und Geschmackszusätzen. Wo Korn oder Kornbranddrauf steht, muss tatsächlich Korn mit mindestens 32 oder beiKornbrand - meist als Doppelkorn bekannt - mit 37,5 VolumenprozentAlkohol enthalten sein.
So genau wurde es im 15. Jahrhundert allerdings nicht genommen,als erstmals aus Getreide Branntwein hergestellt wurde. Alchimistenhatten zwar schon lange zuvor entdeckt, wie durch Destillierenhochprozentiger Alkohol gewonnen wird. Vorwiegend Apothekerverwandelten Wein in hochprozentige Medizin. Mit dem weitausbilligeren Branntwein aus Korn wurde aus der Arznei ein für alleerschwingliches Getränk. Ernste Konkurrenz bekam die Spirituose erstim 19. Jahrhundert mit der Ausbreitung der Kartoffel und dem darausgewonnenen Schnaps. Ländliche Kornbrennereien finden sich seitdem vorallem in den Getreidegürteln im Westen und Norden Deutschlands.
Seit Jahrhunderten begleiten Abgaben und Verbote die Geschichteder Alkoholika. Bereits 1507 wurde in Nordhausen am Harz - der Heimatdes Nordhäuser Korns - den Brennern ein «Bornewyns Zins» auferlegt.Bald wurde allerorten eine Branntweinsteuer erhoben, bis zuletzt derStaat das Monopol darauf erhob. Und noch heute verdient dieSteuerkasse nicht schlecht am hochprozentigen Genuss der Bürger -mehr als vier Milliarden Mark waren es im Jahr 2000.
Von Beginn an musste durch Brenn- und Ausschankverbote übermäßigerGenuss eingedämmt werden. Noch im 19. Jahrhundert stand auffortgesetzte Trunkenheit drei Tage Gefängnis. Wiederholungstäterwurden von Amts wegen zu «Trunkenbolden» erklärt. Während derWeltkriege blieb die Kornflasche leer: Das Brennen von Brotgetreidewar verboten - ausgenommen für den Flachmann der Soldaten.
Inzwischen sorgen nach Angaben der Deutschen Kornbranntwein-Verwertungsstelle (DKV) in Münster rund 600 Brennereien mit jährlichrund 30 Millionen Liter Kornalkohol dafür, dass etwa 130 MillionenFlaschen gefüllt werden können. Aber nur eine Hand voll Kornmarkensei überregional bekannt, sagt Eva-Maria Pohlmann vom BundesverbandDeutscher Kornbrenner. Etliche Brennereien verkaufen ihrFeindestillat regional. Der größte Teil des Alkohols werde jedoch alsRohbrand an die DKV geliefert, dort weiterverarbeitet und alsRohstoff an die Spirituosenindustrie verkauft.