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Kommentar zum Friedensnobelpreis Kommentar zum Friedensnobelpreis: Richtige Wahl

11.10.2013, 18:48
Steffen Hebestreit
Steffen Hebestreit MZ Lizenz

Über manche Entscheidung des ehrwürdigen Nobelpreis-Komitees konnte man in der Vergangenheit geteilter Meinung sein. Ob ein frisch ins Amt gekommener US-Präsident die richtige Wahl für diese wohl renommierteste internationale Auszeichnung ist, erscheint mit dem Blick auf die folgenden vier Jahre seiner Amtszeit zumindest diskussionswürdig.

Die Verleihung des Preises im vergangenen Jahr an die gebeutelte Europäische Union, inmitten ihrer wohl tiefsten politischen wie wirtschaftlichen Krise, mag als Ermunterung gut gemeint gewesen sein – irgendeine erkennbare Wirkung auf die Haltung oder für eine wachsende Solidarität der europäischen Staatschefs ließ sich aber nicht erkennen. Und die Würdigung zweifellos verdienter, wenn auch längst auf dem Altenteil befindlicher Staatsmänner wie Al Gore, Jimmy Carter oder Martti Ahtisaari bot Anlass zu der Frage, welchen Wert der Friedensnobelpreis im 21. Jahrhundert noch hat, noch haben kann.

Mit der Organisation zum Verbot chemischer Waffen hat das Komitee in diesem Jahr eine sicherlich überraschende, aber absolut richtige und international unangreifbare Wahl getroffen. Das Nobel-Komitee richtet damit ein grelles Licht auf das, was die Welt im August schockiert hat und das der deutsche Außenminister als Zivilisationsbruch bezeichnet hat: den Einsatz von Giftgas in Syrien. Nahezu alle Staaten der Welt hatten sich im Jahr 1993 verpflichtet, chemische Waffen weder zu entwickeln, noch herzustellen, noch zu verbreiten, geschweige denn einzusetzen. Und die Chemiewaffen-Inspekteure der OPCW sorgen seit 1997 dafür, dass dieses Verbot eingehalten wird.

Die Chemiewaffenkonvention ist eine herausragende diplomatische Errungenschaft, auch wenn dies aufgrund des syrischen Bürgerkriegs ein wenig in den Hintergrund getreten ist. Die internationale Staatengemeinschaft ächtet darin völkerrechtlich bindend jeglichen Einsatz dieser furchtbaren Waffen – und hat zugleich ein wirksames Verfahren zur Kontrolle dieser Übereinkunft geschaffen: eben die OPCW.

Mit dem Friedensnobelpreis würdigt das norwegische Nobel-Komitee nun die schwierige, teils lebensgefährliche Arbeit der Kontrolleure, wie sie zuletzt im September in Syrien zu beobachten gewesen ist, wo die Inspekteure mit Schutzanzügen Belege dafür sammelten, dass dort tatsächlich Sarin gezielt freigesetzt worden ist. Auf internationalen Druck hin hat sich der syrische Machthaber inzwischen bereit erklärt, der Chemiewaffenkonvention beizutreten und seine Giftgas-Vorräte unter den wachsamen Augen der OPCW zu vernichten.

Mit diplomatischen Mitteln hat sich damit eine weitere militärische Eskalation in Syrien vorerst abwenden lassen – was angesichts der angespannten Lage im Nahen Osten als Leistung nicht überschätzt werden kann. Somit darf die Arbeit der OPCW im besten Sinne als Beitrag für den Frieden in der Welt angesehen werden. Viel Zustimmung und Lob also für die Osloer Entscheidung.

Kontakt zum Autor: [email protected]