Kinder des Krieges Kinder des Krieges: Bosnische Fußballer mischen die Bundesliga auf
Düsseldorf/dpa. - Heute in der Fußball-Bundesliga gefeiert, kam der 24 Jahre alteStürmer auf verschlungenen Wegen aus den Wirren des Bosnien-Kriegeszu Ruhm und Ehren. Vlasenica, Tuzla, die Schweiz, Amerika, Frankreichund Deutschland lauten die Stationen eines Lebens, das in seinerKomplexität beispielhaft für die Biografien der neuen bosnischenStars steht. In Sejad Salihovic, Marko Marin, Neven Subotic, EdinDzeko und Ibisevic mischen die Kinder eines Krieges die Liga auf.
«Das ist kein Zufall», sagte Aleksandar Ristic der DeutschenPresse-Agentur dpa. Der langjährige Bundesliga-Trainer lobt die neueGeneration aus seiner Heimat: «Sie spielen sehr gut mit, haben großetechnische Fähigkeiten und ein gutes Auge.» So preisend der 64 Jahrealte Fußball-Lehrer von den Freistoß-Künsten des HoffenheimersSalihovic schwärmt, so ungern spricht er über die «grausame Zeit»zwischen 1992 und 1995. Ristic organisierte damals Hilfskonvois,holte den einstigen Weltklasse-Torhüter und Flüchtling Enver Maric1993 als Torwart-Trainer zu Fortuna Düsseldorf.
Knapp 100 000 Menschen ließen im Bosnien-Krieg ihr Leben, mehr alszwei Millionen mussten fliehen. Edin Dzeko blieb. «Die Angst warimmer dabei», erinnerte sich der Stürmer des VfL Wolfsburg an dasDasein im ehemaligen Jugoslawien. Seine Familie musste ihr Haus inder Nähe von Sarajevo aufgeben, lebte vier Jahre im Untergrund.
Auch Ibisevic verließ sein Heimatdorf, floh zunächst von Vlasenicanach Tuzla. Im Alter von 16 Jahren ging es über die Schweiz nach St.Louis, wo seine Familie noch heute lebt. Nach einem Aufenthalt inParis und Dijon spielte er zunächst bei Alemannia Aachen, bis er seitdieser Hinrunde mit 18 Treffern als potenzieller Nachfolger von GerdMüller gehandelt wird. Doch seine Erfahrungen während des Kriegeshaben ihn auch auf den Misserfolg vorbereitet: «Wenn es im Fußballnicht so läuft, dann denke ich an diese Zeit zurück. Es gibtSchlimmeres, als nicht zu spielen oder das Tor nicht zu treffen.»
Vom Krieg entwurzelt, heben die Flüchtlinge im Rückblick dieBedeutung des Fußballs hervor. «Wenn ich gekickt habe, war ichglücklich», erzählte Dzeko. In einer Wohnung in einem Sportheim nahePforzheim kam Neven Subotic nach Kriegsausbruch unter. Als 1999die Aufenthaltsgenehmigung auslief, siedelte die Familie desVerteidigers von Borussia Dortmund in die USA über. BorussiaMönchengladbachs Profi Marko Marin zog als Zweieinhalbjähriger nachFrankfurt, Salihovic begann seine Karriere bei Minerva 93 Berlin.
Trotz der Fülle an Talenten hat sich Bosnien-Herzegowina auch nachdem Krieg noch nicht für ein bedeutendes Turnier qualifiziert undsteht nach einigen Querelen im Verband nur auf Weltranglisten-Platz61. Und obwohl sich unter anderem Marin (Deutschland) und Subotic(Serbien oder USA) für andere Nationalmannschaften entschieden haben,glaubt Ristic an bessere Zeiten: «Die Zukunft spricht für Bosnien.»