Kai Engelke Kai Engelke: Ein deutscher Boxer mit Namen Joschi
Halle/MZ. - So muss der Sinto immer noch einen Zahn besser sein als die "Gadschen" - die seinem Volk nicht angehören.
Schon im kindlichen Kampf mit einem größeren Jungen fällt Joschi Reinhardt das auf: Vielleicht beginnt da die Karriere des schillernden Helden. Stolz ist er und trotzig, ehrgeizig, kraftvoll und dabei sensibel, ein Kunst- und Literaturliebhaber - zeitweise schwankt er gar zwischen dem Boxen und dem Musizieren. Engelke erzählt sachkundig, unterhaltend, geradlinig - mit Einblendungen von Erinnerungssequenzen - den Weg Reinhardts bis zur deutschen Meisterschaft im Halbschwergewicht. Dabei ist das Boxen auch eine Metapher für die Schicksals-Schläge, die den Protagonisten beuteln,aus der Bahn werfen - ihn nicht nur als "Fallobst" in den Seilen, sondern auch "schief im Leben" hängen lassen, ihn privat und beruflich aufsteigen und wieder abstürzen lassen.
Natürlich hängt nicht alles, was ihm widerfährt - zerrüttetes Elternhaus, Kindheit im Heim, Verlust der Freundin, gewaltsamer Tod der Eltern und der besten Freunde - mit seiner Herkunft aus dem Volk der Sinti und Roma zusammen. Jedoch Demütigungen, die an dunkelste Zeiten erinnern, sind unübersehbar. Der Autor widmet sein (nahezu) fiktives Werk dem Hannoveraner Sinti-Boxer Johann Wilhelm "Rukeli" Trollman, der 1933 um die deutsche Meisterschaft betrogen und 1943 im KZ Hamburg-Neuengamme erschossen wurde. Joschi Reinhardt gehört zur übernächsten Generation - seine Geschichte spielt heute. Sein Vater hält das Gedenken wach an die Ermordung von fünfhunderttausend Sinti und Roma in deutschen Konzentrationslagern, und er ist um die Tradition seines Volkes bemüht, die in Vergessenheit zu geraten droht.
Kai Engelke: "Blut, Schweiß und Träume", Klaus Bielefeld Verlag, Friedland 2000, 136 Seiten, 19,80 Mark