Italien feiert Milans Champions-League-Sieg
Athen/dpa. - Als Kapitän Paolo Maldini den zuvor von einer Spielertraube fast zerquetschten Matchwinner «Pippo» Inzaghi innig umarmte und dann die wertvollste Trophäe des europäischen Clubfußballs erneut in Händen hielt, war der AC Mailand am Ziel seiner Träume.
«Das war unser größter Sieg. Fast keiner hatte ihn uns zugetraut, viele sprachen sogar von Utopie», jubelte Trainer Carlo Ancelotti nach dem 2:1 (1:0) des ältesten Sieger-Teams der Champions-League-Geschichte im Finale der Königsklasse gegen den FC Liverpool. Und dankte später dem Sieg-Garanten, der aus zwei Chancen zwei Tore machte: «Pippo, das war einfach großartig.»
«Matador Inzaghi rächt Milan mit einem Doppelschlag und stürzt Mailand ins Euro-Delirium. Die Legende lebt», titelte die «Gazzetta dello Sport» über Milan und Torjäger Inzaghi, der mit seinen Europacup-Treffern 57 und 58 den Club «auf den Olymp» («Liberta») geschossen hatte. Die Revanche gegen die «Reds» für die bittere Finalpleite 2005 war gelungen - und nach dem WM-Titel gehört nun auch der höchste kontinentale Cup den stolzen Italienern. «Seit ich ein kleines Kind war, habe ich von diesem Triumph geträumt», sagte der brasilianische Star Kaka mit Tränen in den Augen.
«Ich empfinde eine große Befriedigung über meine Tore. Aber das Wichtigste ist der Cup, eine wertvolle Auszeichnung», betonte Inzaghi. Kurios war, dass ausgerechnet der als «Spieler des Spiels» ausgezeichnete Angreifer bis zuletzt der einzige Wackelkandidat im Team war, ehe Ancelotti mit seiner Nominierung den siegbringenden Glücksgriff tat. «Ancelotti war perfekt, Inzaghi mörderisch», lobte «L'Unione Sarda» die Hauptdarsteller. In England herrschte nach der verpassten Wiederholung von 2005 hingegen Ernüchterung. «Liverpools Träume werden zu Staub: Auf das 'Wunder von Istanbul' vor zwei Jahren folgte jetzt eine griechische Tragödie», titelte die «Times».
Neben Inzaghi, der erst einen Freistoß von Andrea Pirlo (45. Minute) mit der angelegten linken Schulter zum 1:0 abfälschte und dann einen Kaka-Traumpass eiskalt vollstreckte (82.), wurde besonders Veteran Maldini gefeiert. Nach Knieproblemen, die seinen Einsatz lange in Frage stellten, feierte er im achten Endspiel des Meistercups seinen fünften Erfolg. «Ich bin stolz, in diesem Team spielen zu dürfen. Und ich will noch einen Cup», betonte Maldini. Der fast 39-Jährige ist aber auch Sinnbild des Milan-Problems: Mit 31 Jahren und 34 Tagen stellte Milan die im Schnitt älteste Sieger-Elf in der Königsklasse und machte ihrem Ruf als «Rentnerband» alle Ehre.
Dessen ungeachtet stand Club-Patron Silvio Berlusconi strahlend im rot-schwarzen Konfettiregen und feierte zur Milan-Hymne den siebten Europacup-Sieg bei den Meistern. Während er den Pokal, den selbst er für kein Geld der Welt kaufen kann, in den Abendhimmel reckte, empfand Ancelotti Genugtuung, dass das schwarze Kapitel von 2005 ihn und Milan nicht stoppen konnte. «Viele Teams haben unter dem Fußballskandal in Italien gelitten. Daher ist das auch ein Sieg für den gesamten italienischen Fußball», betonte Ancelotti. Da sein Team - anders als das in die 2. Liga zwangsversetzte Juventus Turin - nur acht Punkte Abzug erhielt und auch international starten durfte, wiederholte sich Geschichte: Wie 2003 musste Milan in die Qualifikation - und gewann am Ende die Champions League.
Dagegen standen Anspruch und Wirklichkeit beim zwar spielstarken, aber vor dem Tor zu ungefährlichen FC Liverpool im krassen Widerspruch. Gelang vor zwei Jahren in Istanbul nach 0:3-Rückstand noch das 3:3 und später der Sieg im Elfmeterschießen, so gab es diesmal kein Happy End. Im Gegenteil: Nach klarer Überlegenheit der «Reds» in der ersten Halbzeit stellte Inzaghis Tor Sekunden vor der Pause den Spielverlauf auf den Kopf. «Wir haben das Finale, eines der größten Spiele, das man mitmachen kann, verloren. Deswegen habe ich ein gebrochenes Herz», gestand Kapitän Steven Gerrard.
«Wir waren in den ersten 45 Minuten sehr gut, aber im Fußball muss man auch Tore machen», monierte Trainer Rafael Benitez zu Recht und meinte wohl, seinem Team habe ein «Knipser» wie Inzaghi gefehlt. Die unverdiente Führung spielte Maldini & Co. voll in die Karten, und Liverpool musste dem hohen Tempo Tribut zollen. «Milan ist gerade mit einem Vorsprung im Rücken eine Klasse für sich», analysierte Benitez. «Und wenn man nicht aufpasst, dann killen sie einen.» Vor allem mit einem Torjäger Inzaghi, der aus zwei Chancen zwei Treffer macht.