Italien Italien: Die 25 Tage des Rudi Völler
Rom/dpa. - «Addio Roma» - Rudi Völler ist als glückloser Retterdes AS Rom in nur 25 Tagen gescheitert. Nach seinem Abschied alsTeamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der EM inPortugal erklärte der Weltmeister von 1990 damit seinen zweitenRücktritt innerhalb von drei Monaten. «Ich helfe der Mannschaft unddem Club mehr, wenn ich gehe», sagte Völler am Sonntag und gestanddabei selbstkritisch ein, «in den letzten Spielen auch Fehler gemachtzu haben». Der Rückzug als Trainer des italienischen Vizemeisters,der von seinen eigenen Spielern anscheinend in Stich gelassen wurde,stürzt die Römer drei Tage vor dem Champions-League-Spiel bei RealMadrid noch tiefer in die Krise.
Die katastrophale 1:3-Niederlage beim FC Bologna am viertenSpieltag der Serie A war der Tiefpunkt eines für ihn nicht mehraufzuhaltenden Absturzes. «Es war nicht nur dieses Spiel. Ich hattemeine Vorstellungen, wie das hier funktionieren soll. Das war abernicht zu realisieren», sagte Völler der dpa. In Rom wird derweilschon der Ruf nach seinem Vorgänger Cesare Prandelli laut, während inDeutschland über Völlers Rückkehr zu Bayer Leverkusen spekuliertwird.
Als die Römer am Samstagabend in Bologna mit zwei Mann mehr aufdem Platz vorgeführt wurden, war die tiefe Kluft zwischen Völler undden Spielern unübersehbar. «Ich habe meine Art, eine Mannschaft zuführen. An diesem Abend aber war mir klar, dass dies nicht dieRichtige ist», erklärte Völler am Sonntag. «Die Spieler folgten ihmnicht mehr», kommentierte der «Corriere della Sera» richtigerweiseden «Zusammenbruch des AS Rom». Völler zeigte Größe und trat nichtnach: «Die Mannschaft hat mich gebeten zu bleiben», berichteteVöller, der glaubt, dass jetzt «Spieler und Club verantwortlicher fürdas sind, was sie tun».
Nach drei Niederlagen, einem Unentschieden und nur einem Sieg infünf Spielen zog der 44-Jährige die Notbremse. «Es sind viele Dingezusammen gekommen», berichtete Völler nach dem Debakel in Bologna.Schon vorher hatte er davon gesprochen, «wie schwierig die Aufgabe»in Rom sei. Erst am 31. August war er dem AS Rom zu Hilfe geeilt, alssein Vorgänger Prandelli wegen der Krebserkrankung seiner Frau seinAmt zwei Wochen vor dem Ligastart zurückgeben hatte. Den ungleichbequemeren Managementposten bei Bayer Leverkusen hatte Völlerausgeschlagen, weil er «seinem AS Rom in der Not einfach helfenmusste».
Wie ein heldenhafter Retter war Völler bei der Unterzeichnung desmit 2,6 Millionen Euro dotierten Einjahresvertrags in der «EwigenStadt» gefeiert worden. Der Jubel aber verebbte schnell. Der frühereNationalstürmer, der zwischen 1987 und 1992 für den AS Rom 48 Toreerzielt hatte, sah sich einer undisziplinierten und nicht guttrainierten Mannschaft gegenüber, die nie zueinander fand. «So gehtdas nicht weiter», hatte Völler mehrfach gemahnt. Stars wie KapitänFrancesco Totti waren verletzt oder außer Form, mit dem rebellischenStürmer Antonio Cassano geriet Völler sofort aneinander. Dass Völlerden aufmüpfigen 22-Jährigen drei Tage zum Nachdenken nach Hauseschickte, schlachtete Italiens Sportpresse als ersten großen Skandalaus.
Völler erhielt dabei allerdings von allen Seiten Rückendeckung.Auch nach seinem Rücktritt machte ihm niemand in Italien Vorwürfe.«Es ist alles meine Schuld», nahm Sportdirektor Franco Baldini denDeutschen in Schutz. Zusammen mit Club-Präsident Franco Sensi hatteBaldini noch am Sonntagmorgen versucht, Völler umzustimmen, währendCo-Trainer Ezio Sella die verunsicherte Mannschaft auf das Real-Spieleinstimmte. «Völler ist der richtige Mann auf dem falschen Platz»,schrieb der «Corriere della Sera». Auch die «La Gazzetta dello Sport»hatte eher Mitleid mit dem Deutschen, der «25 Tage Inferno» erlebthabe.
Nach dem Auftaktsieg gegen Florenz war es bis auf den 14.Tabellenplatz steil bergab gegangen. Das Champions-League-Spiel gegenDynamo Kiew wurde nach einer Fan-Attacke gegen Schiedsrichter AndersFrisk abgebrochen und mit 0:3 gewertet. Die Heimspiele gegen RealMadrid und Bayer Leverkusen müssen die Römer unter Ausschluss derÖffentlichkeit austragen. Eine schwere Belastung für den sportlichwie finanziell schwer angeschlagenen Club, der nun auch noch nachFabio Capello und Cesare Prandelli innerhalb von nur vier Monaten mitVöller seinen dritten Trainer verliert. «Was für ein Chaos», meint«La Repubblica».