1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. In der Quedlinburger Innenstadt brennt in der Nacht zum Samstag eine Lagerhalle

Großbrand am Augustinern In der Quedlinburger Innenstadt brennt in der Nacht zum Samstag eine Lagerhalle

Ein Feuerwehrmann wird bei den Löscharbeiten schwer verletzt.

Von Rita Kunze und Dennis Lotzmann 31.10.2021, 19:10
Das Löschwasser wird aus verschiedenen Hydranten zusammengeführt.
Das Löschwasser wird aus verschiedenen Hydranten zusammengeführt. Foto: Holger Mücke

Quedlinburg/MZ/VS - Meterhoch schlagen die Flammen in der Nacht zum Samstag aus einer Lagerhalle im Augustinern. Gegen 1.10 Uhr hat ein Anwohner die Feuerwehr informiert. Die Hitze ist irgendwann so groß, dass in Häusern auf der anderen Straßenseite - sie wurden von der Polizei evakuiert - Fensterscheiben platzen.

Ein Feuerwehrmann wird bei den Löscharbeiten schwer verletzt: Wie THW-Sprecher Tobias Heine schildert, sind bei einer starken Verpuffung Teile des Mauerwerkes der Lagerhalle nach außen gedrückt und ein am Gebäude stehendes Baugerüst umgerissen worden, das den Feuerwehrmann und die Drehleiter der Feuerwehr unter sich begrub.

32-Jähriger wird in Spezialklinik nach Halle geflogen

Der 32-Jährige, der zur Gernröder Ortsfeuerwehr gehört, wird mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus „Bergmannstrost“ nach Halle, einer Spezialklinik für Brandopfer, geflogen. Der Schock bei seinen Kameraden sitzt tief. Ihr Kamerad habe sich inzwischen aus dem Krankenhaus bei ihnen gemeldet, sagt einer, und da klingt etwas Erleichterung mit.

Dennoch: So etwas haben sie noch nicht erlebt. Zwei von ihnen - ebenfalls Gernröder Wehrleute - haben den 32-Jährigen unter Einsatz ihres Lebens aus dem Inferno gerettet, sagt Feuerwehrsprecher Holger Mücke. Selbst befreien konnte der Mann sich nicht: Zum Zeitpunkt des Unglücks sei er auf dem Maschinistensitz des Löschfahrzeugs eingesetzt gewesen.

Ursache des Brandes ist noch unklar

Warum der Brand ausbrach, ist noch ungeklärt. Laut Polizei waren in der Halle Baustoffe und Sanitärgerätschaften sowie Gipskartonplatten und Gasthermen gelagert. Wenn es die Temperaturen am Brandort am heutigen Montag zulassen, will die Polizei mit ihren Experten die Ursachenermittlung aufnehmen.

Bei Tageslicht zeigt sich am Samstag das ganze Ausmaß der Zerstörung. Die Hitze und das herabstürzende Baugerüst haben das Löschfahrzeug immens beschädigt, an in der Nähe der Halle geparkten Autos sind Plastikteile geschmolzen, bei einem ist die Frontscheibe zerschlagen. „Ein Ziegeldach wäre zusammengefallen“, erklärt Mücke, aber weil das Dach der Halle mit Blechplatten gedeckt gewesen sei, habe sich diese große Hitze entwickelt.

Die Gernröder Wehrleute seien nach dem Unglück komplett aus den Löscharbeiten herausgenommen worden, so der Sprecher. Ein Kriseninterventionsteam habe die psychologische Betreuung übernommen.

Das Cockpit des Löschfahrzeugs, aus dem der Feuerwehrmann gerettet wurde.
Das Cockpit des Löschfahrzeugs, aus dem der Feuerwehrmann gerettet wurde.
Fotos (2): Feuerwehr Quedlinburg/Mücke

Insgesamt mehr als 100 Einsatzkräfte - Feuerwehr, THW, Rettungsdienst und Polizei - waren vor Ort. Zunächst seien die Feuerwehren aus Quedlinburg und Gernrode ausgerückt, doch schnell sei klar gewesen, dass deren Kräfte nicht ausreichen würden, sagt Oberbürgermeister Frank Ruch, der sich in der Brandnacht selbst ein Bild vor Ort gemacht hat. So seien auch die Wehren in Ditfurt, Thale, Westerhausen und Rieder informiert worden. Das THW habe mit einem Radlader Schutt und Trümmer beseitigt, „damit wir arbeiten konnten“, sagt Holger Mücke.

„Da hat ein Rad ins andere gegriffen“

Der Bürgermeister lobt die Zusammenarbeit der Feuerwehren, die kommunalübergreifend sehr gut funktioniert habe. Ebenso beim Rettungsdienst von ASB und Malteser Hilfsdienst: „Da hat ein Rad ins andere gegriffen.“ Das THW half auch beim Aufräumen; das verformte Baugerüst wurde zerschnitten, um es beseitigen zu können, sagt der Sprecher, die instabile Giebelwand wurde eingedrückt und Schutt von der Straße und den Gehwegen geräumt. Beteiligt waren die THW-Ortsverbände Staßfurt, Halberstadt und Quedlinburg.

Anwohner beobachten die Lösch- und Aufräumarbeiten mit großer Betroffenheit. Eine Frau spricht von einem „Déjà-vu für die ganze Straße“: Es sei der dritte Brand im Augustinern innerhalb von zehn Jahren, in der Straße gebe es keinen Hydranten. „Das ist traurig in einer Weltkulturerbestadt. Hier stehen alles Fachwerkhäuser - mit Holz“, sagt sie. „Ich habe ein bisschen Angst“, setzt ein Anwohner hinzu, „die Autos parken die Straße zu, da kommt kein Feuerwehrfahrzeug durch.“

Meterhoch schlagen die Flammen aus der brennenden Lagerhalle im Augustinern. Ein Baugerüst ist umgestürzt, die Mauer stürzt ein.
Meterhoch schlagen die Flammen aus der brennenden Lagerhalle im Augustinern. Ein Baugerüst ist umgestürzt, die Mauer stürzt ein.
Foto: Feuerwehr Quedlinburg/Mücke

Das Problem sehen sie in der Diskrepanz zwischen den vielen Ferienwohnungen im Augustinern und den Parkmöglichkeiten in der Straße, die nicht ausreichend vorhanden seien. Da werde die Straße beidseitig zugeparkt, ein Parkverbot von der Stadt nicht genügend durchgesetzt.

Solle die Straße von Parksündern durchgängig freigehalten werden, brauche die Stadt im Ordnungsamt „noch drei Leute mehr“, sagt der Oberbürgermeister auf Nachfrage der MZ. Eine grundlegende Klärung werde es erst mit der Sanierung der Straße geben; Baubeginn soll 2024 sein. Erst dann wird sich auch die Frage nach einem Hydranten in der Straße beantworten lassen. Das Löschwasser für die Brandbekämpfung am Samstag hat sich die Feuerwehr aus Hydranten im Steinweg, in der Weberstraße und Ecke Weberstraße/An den Fischteichen geholt.