Homosexualität Homosexualität: DFB ermutigt schwule Fußballer
Halle (Saale)/MZ. - Fußballer „sind das männliche Stereotyp schlechthin. Sie müssen Sport lieben, aggressiv kämpfen und gleichzeitig das große Vorbild sein. Schwule sind das alles einfach nicht. Punkt.“
Es ist eine drastische Aussage, mit der ein homosexueller Bundesliga-Spieler in einem Interview seine Situation beschrieben und damit eine Debatte im deutschen Fußball entfacht hat. In dem Gespräch mit dem Journalisten Adrian Bechtold für das Magazin „Fluter“ der Bundeszentrale für politische Bildung, spricht der Mann anonym über Ängste, Vorurteile und ganz praktische Probleme. Und widerspricht gleichzeitig gängigen Ratschlägen.
Denn während medial das Thema Homosexualität und Profi-Fußball seit der Veröffentlichung des Interviews hochkocht, kommen aus Vereinen und Politik Sätze, die Mut machen sollen. So sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Berlin: „Ich bin der Meinung, dass jeder, der die Kraft aufbringt und den Mut hat, wissen sollte, dass er in einem Land lebt, wo er sich eigentlich nicht fürchten sollte.“
Eigentlich. Wenn er die Kraft aufbringt. Denn der anonyme Profi hält dagegen: „Das ist alles gut gesagt, wenn man nicht am nächsten Tag ins Stadion muss.“ Der gute Wille reiche einfach nicht aus „oder soll jemand einer aufgebrachten Menge von Fans vor dem Spiel aufklären, dass die Schwulen eigentlich nur ganz normale Männer sind und gleich mitspielen?“
In anderen Bereichen stellt sich die Lage für Homosexuelle als weniger kompliziert dar. Gerade der Frauenfußball nimmt in Deutschland eine Vorreiterstellung ein. Die ehemalige Torhüterin der Nationalmannschaft, Ursula Holl, geht ganz offensiv damit um, mit einer Frau verheiratet zu sein. Doch in einem Bereich, der eben nicht vom männlichen Stereotyp geprägt ist, mag das auch wesentlich leichter sein.
Zwar zeugt das Beispiel Ursula Holl von einer gewissen Toleranz innerhalb der Gesellschaft. Doch wenn der öffentliche Druck steigt, das Geschäft aggressiver wird und zahlreiche Übergriffe einzelner Fans ein grundsätzliches Problem von Toleranz dokumentieren, sehen homosexuelle Sportler keine Chance auf eine offen gelebte Andersartigkeit. „Ich habe mal gehört, dass in solchen aufgeheizten Stimmungen nur noch das Kleinhirn im Menschen regiert und da ist eben Toleranz nicht eingebaut“, begründet der anonyme Interviewte sein Scheindarsein.
Hinzu komme das mediale und gesellschaftliche Interesse an intimen Details: „Alle würden gerne herausfinden, wer beim super-männlichen Fußballspieler wohl unten und wer oben liegt.“ Aus diesem Grund habe er auch keinen Partner. Die Geheimnistuerei und die Angst vor der Enthüllung seien „pures Gift für eine Partnerschaft“.
Kritik an Anonymität
Ganz unumstritten sind die Äußerungen des Bundesliga-Spielers indes nicht - vor allem, weil er sich eben nicht aus der Anonymität wagt. Die Debatte will der deutsche Fußball dennoch annehmen und offen führen. Christian Seifert, der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), zeigt Verständnis für den Wunsch nach Anonymität: Wer nun fordere, das Interview hätte unter Namensnennung geführt werden müssen, verkenne die Situation: „Es ist ja einfach nicht so, dass tatsächlich alle mit Toleranz und Verständnis darauf reagieren würden.“