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Hintergrund: Der Kinderporno-Streit um Jörg Tauss

Von Martin Oversohl 21.07.2009, 14:19

Karlsruhe/dpa. - Nach monatelangen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Kinderpornografie will die Staatsanwaltschaft den Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss anklagen.

Bevor sich allerdings tatsächlich ein Gericht mit dem Fall beschäftigt, müssen die Anwälte die Akten einsehen und der Bundestag der Anklageerhebung zustimmen.

Was wird Tauss vorgeworfen?

Ermittler hatten zunächst bei einem Mann aus der Kinderpornografie-Szene Handynummern gefunden, die Tauss zuzuordnen waren. Auch die Mitteilungen seien «szenetypisch» gewesen, hieß es. Anfang März waren zudem Kinderporno-Bilder in den Räumen des damaligen medienpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Handy-Fotos und DVDs. «Die Fundsituation spricht eindeutig gegen einen Zusammenhang mit seiner Abgeordnetentätigkeit», hatte der zuständige Karlsruher Oberstaatsanwalt Rüdiger Rehring wiederholt betont.

Wie sieht Tauss die Situation?

Der als Internet-Experte bekannte Tauss räumt zwar Fehler ein, beteuert aber seine Unschuld. Er habe das Material im Zusammenhang mit seinen Recherchen als Abgeordneter genutzt. Mit seinen Ergebnissen habe er auf eigene Faust einen Kinderporno-Ring sprengen wollen. Nach seiner Recherche will Tauss das «unergiebige» Material in der Dienstwohnung verstaut haben.

Mit welchen politischen Folgen müsste er bei einer Anklage rechnen?

Für Tauss' Karriere auf der bundespolitischen Bühne sind die Würfel bereits gefallen. Der 56-Jährige war nach dem Fund von seinen SPD-Ämtern zurück- und schließlich aus der Partei ausgetreten, um sich der Piratenpartei zuzuwenden. Diese setzt sich gegen das Sperren von Internet-Seiten zum Beispiel mit kinderpornografischen Inhalten ein. Zwar ist Tauss bis zur nächsten Bundestagswahl Abgeordneter des Wahlkreises Karlsruhe-Land, doch will er nach eigenen Angaben nicht für die «Piraten» kandidieren. Mit einem bundesweiten Stimmenanteil von 0,9 Prozent wie bei der Europawahl haben diese ohnehin keine Chancen auf einen Sitz im Berliner Plenum.

Tauss' Anwalt macht der Staatsanwaltschaft Vorwürfe wegen ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Haben solche Vorwürfe in der Vergangenheit schon mal Konsequenzen gehabt?

Ja. 2005 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser ein Schmerzensgeld von 10 000 Euro wegen «Fehlern bei der Öffentlichkeitsarbeit der Justiz» zugesprochen. Bei einzelnen Presseauskünften der Ankläger sei der Verdacht der Käuflichkeit Essers genährt worden, hieß es damals.