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Handball-WM Handball-WM: Eine Begegnung mit der Geschichte

Von JÖRG HANAU 12.01.2011, 20:34

LUND/MZ. - Daniel Constantini hockte auf der Pressetribüne und staunte: "So einen Jungen", sagte der mittlerweile für das französische Fernsehen arbeitende Weltmeistertrainer von 1995 und 2001, "brauchen wir auch in unserer Mannschaft." Ein Schlaks von 2,03 Meter, den die Deutschen "Pommes" riefen, segelte über die gegnerische Abwehr - sprunggewaltig, mit einem Armzug gesegnet, der seinesgleichen suchte. Dieser Neue werde mal ein ganz Großer, prophezeite Constantini während der Handball-Europameisterschaft 2002 im schwedischen Jönköping.

Neun Jahre ist das nun her. Neun Jahre, in denen der Neue zu einem Weltklassespieler gereift ist: Pascal Hens ist Welt- und Europameister. Der heute 30 Jahre alte Rückraumspieler des Bundesliga-Tabellenführers HSV Hamburg blickt schon jetzt zurück auf eine Bilderbuchkarriere, die 2002 in Schweden begann. Es war das erste große Turnier für den Rheinhessen.

Parallelen zur EM 2002

Dieser Tage schließt sich der Kreis. Die Weltmeisterschaft, die heute in Schweden beginnt, ist für Hens nicht nur der Versuch, an alte Erfolge anzuknüpfen, sie bedeutet für ihn auch die Rückkehr an die Stätte seines internationalen Durchbruchs. "Ich denke gern an Schweden zurück", sagt Hens und erinnert sich an die Unbekümmertheit vergangener Tage. Martin Schwalb, heute wie damals sein Trainer, hatte ihm vor der EM 2002 gesagt: "Pommes, du bist halt ein Shooter, geh drauf, und wenn du frei bist, schieß!" Ein Erfolgsrezept, das er bis heute beherzigt. Nach seiner freiwilligen EM-Pause vor einem Jahr brennt Hens auf die WM. Auch wenn er seine Ziele bescheidener formuliert: "Uns hat niemand auf dem Zettel, wir fahren als Außenseiter zur WM."

Bereits die Vorrunde wird für die deutschen Handarbeiter extrem schwer: Titelverteidiger Frankreich, Spanien, Ägypten, Tunesien und Bahrain heißen die Gegner. Nur die ersten Drei ziehen in die Hauptrunde in Jönköping ein. Hens spricht von einer Todesgruppe. "Wenn's gut läuft, ist alles möglich", sagt Bundestrainer Heiner Brand, "wenn es schlecht läuft, aber auch." Sogar ein frühes Aus.

Zufall oder nicht - das drohte den deutschen Handballern auch schon vor neun Jahren. Von einer Todesgruppe war damals ebenfalls die Rede. Auch 2002 hieß der amtierende Weltmeister Frankreich, weitere Gegner waren der WM-Dritte Jugoslawien und der spätere Weltmeister Kroatien. Das alles klingt wie eine Begegnung mit der eigenen Geschichte. Die DHB-Auswahl überstand seinerzeit die Vorrunde und marschierte zu guter Letzt durch bis ins Finale. "Wenn es wieder so ausgeht, könnte ich zum jetzigen Zeitpunkt gut damit leben", sagte Brand nach Abschluss der WM-Vorbereitung in Ahrensburg bei Hamburg.

Obwohl die deutsche Mannschaft zuletzt beide Testspiele in Island verlor, reisen die deutschen Handballer zuversichtlich nach Skandinavien. "Wir wollen zeigen, dass wir es besser können", sagte Spielmacher Michael Kraus. Es geht auch um Wiedergutmachung für die EM im vergangenen Jahr in Österreich, die die DHB-Auswahl auf Platz zehn beendete.

Frankreich wieder Favorit

Brand kann erstmals seit der EM 2002 aus dem Vollen schöpfen. Nur knapp drei Wochen nach seiner Knie-OP meldete sich sogar der Halbrechte Holger Glandorf gesund zurück, bestand den Härtetest auf Island und ist im Rückraum neben Hens und Kraus gesetzt. Alle drei waren wie Johannes Bitter, Carsten Lichtlein, Dominik Klein, Lars Kaufmann, Sebastian Preiß und Oliver Roggisch schon 2007 dabei, als Deutschland die Heim-WM gewann.

Weltmeister Torsten Jansen fiel hingegen durch den Nominierungsrost. Der 34 Jahre alte Linksaußen muss zu Hause bleiben. Brand setzt in Schweden auf die jüngeren Uwe Gensheimer und Klein. Heute muss er einen weiteren Namen aus seinem noch 17 Spieler zählenden vorläufigen WM-Aufgebot streichen. Es könnte einen Rückraumspieler treffen: Michael Haaß, Lars Kaufmann oder Sven-Sören Christophersen. Kreisläufer Jacob Heinl muss ebenfalls noch um seine erste WM-Teilnahme bangen.

Es geht schon um Olympia

"Wir alle brennen auf diese WM", berichtete Hens aus dem Quartier in Ahrensburg. Denn es geht um den Titel - und auch schon um Olympia. Der Weltmeister qualifiziert sich direkt für die Spiele 2012 in London. Die zweit- bis siebtplatzierten Teams erhalten das Ticket für die Olympia-Qualifikation. "Das muss unser Ziel sein", sagte Hens.

Der Weg zum WM-Gold, darüber sind sich alle einig, führt auch diesmal über Frankreich. Die Buchmacher listen die Equipe Tricolore auf Platz eins - und Trainer Claude Onesta widerspricht vorab schon mal all jenen, die glauben, den Franzosen würde es nach Olympia-, WM- und EM-Gold an der nötigen Motivation mangeln: "Wenn du eine Frau liebst, die sehr hübsch ist, willst du sie nicht nur einmal lieben, sondern immer wieder."