Handball Handball: Ulrich und Lemme suspendiert

Leipzig/dpa. - Das Schiedsrichter-Duo wurdevom Deutschen Handball-Bund mit sofortiger Wirkung vom Spielbetriebsuspendiert; dies beschloss das DHB-Präsidium am Montagabend aufeiner Krisensitzung in Dortmund.
Die schriftliche Stellungnahme der Schiedsrichter wird an dieEuropäische Handball-Föderation (EHF) weitergeleitet. Zudem wird derDHB in nächster Zeit alle Bundesliga-Schiedsrichter zu eventuellenVorkommnissen befragen sowie Videoanalysen von auffälligen Spielendurchführen lassen. «Wir haben die richtigen Schritte eingeleitet.Ich hoffe, das war nicht die Spitze des Eisberges, sondern derEisberg», sagte Präsidiumsmitglied Reiner Witte.
Fortschritte gab es im Zusammenhang mit den Manipulationsvorwürfengegen den deutschen Meister THW Kiel. Für diesen Dienstag kündigtedie Europäische Handball-Föderation (EHF) Ergebnisse bei derUntersuchung des Champions-League-Finales zwischen Kiel und der SGFlensburg-Handewitt an. «Wir werden die technische Analyse des Kiel-Spiels publizieren. Wir kooperieren mit der Kieler Staatsanwaltschaftund profitieren von deren Aufklärungsstatus», sagte EHF-Generalsekretär Michael Wiederer. Ob und welche Maßnahmen in demZusammenhang ergriffen werden, ließ er offen.
Drei Tage nach der Absetzung der Magdeburger Lemme/Ullrich vomBundesliga-Spiel HSV Hamburg gegen THW Kiel reagierte der Verband aufdie jüngsten Entwicklungen. Die Referees berichteten inzwischen vonBestechungsversuchen in mehreren Fällen. «Es gab immer mal wieder inunserer Karriere zweideutige Angebote. So nach dem Motto: 'Wenn ihrheute für uns pfeift, soll das nicht zu eurem Nachteil sein.' Ob daszehn- oder zwanzigmal war, kann ich nicht mehr genau sagen», sagteUllrich der «Hamburger Morgenpost» (Montag-Ausgabe).
Die beiden Unparteiischen hatten einen Bestechungsversuch beimFinal-Rückspiel im Europacup der Pokalsieger zwischen Medwedi Moskauund Valladolid verschwiegen. Am Tag danach wurden bei ihnen vomrussischen Zoll 50 000 Dollar gefunden. Beide bestreiten sowohl, dasGeld genommen als auch Spiele manipuliert zu haben. BM Valladolidverlangte nach spanischen Medienberichten vom Montag, dass Tschechowder Titel aberkannt und dieser den Spaniern zugesprochen wird. Zudemforderten sie eine finanzielle Entschädigung wegen entgangenerEinnahmen. Valladolids Vereinspräsident Dionisio Miguel Recioplädiert für eine lebenslange Sperre des Gespanns: «Sie haben demAnsehen des Sports und vor allem des Handballs geschadet.»
Lemme und Ullrich wollen ihre Tätigkeit zunächst ruhen lassen underwägen ein Karriereende. «Wir werden sehen, zu welchen Konsequenzendas führt, aber wir denken natürlich auch über einen Rücktritt nach»,sagte Ullrich in einem Interview mit der «Magdeburger Volksstimme»(Montag-Ausgabe). Am Vortag hatte die EHF die beiden Magdeburgersuspendiert und sie vom geplanten Einsatz im EM-QualifikationsspielMazedonien gegen Island am Mittwoch abgezogen.
Den Namen des russischen Funktionärs, der versucht hat zubestechen, wollen die beiden Referees aus Angst weiterhin nichtpreisgeben. «Wenn anderen den Namen nennen, ist das okay, aber wirhaben auch ganz schön Respekt vor möglichen Folgen», sagte Ullrich.Lemme ergänzte: «Ja, mörderischen Respekt sogar, wenn Sie wissen, wasich damit meine. Man weiß ja nie, was jetzt noch alles so passiert.»
Bei der EHF liegen derweil keine offiziellen Meldungen vonUnparteiischen zu Bestechungsversuchen vor. «Es hat sicher solcheGespräche über seltsam anmutende Vorfälle gegeben, aber ich kann dienicht identifizieren und einzelnen Ereignissen zuordnen», sagteWettbewerbs-Manager Markus Glaser der dpa. Würde es Berichte geben,«landen die früher oder später bei uns».
Derzeit sei die EHF dabei, Maßnahmen zu erarbeiten, die Korruptionmindestens erschweren sollen. Wiederer kündigte an, dass sich dieEHF-Exekutive am letzten März-Wochenende damit befassen wird. DieTagung sollte ursprünglich in Moskau stattfinden. «Wir haben dieseSitzung nach Wien geholt, weil wir es in der gegenwärtigen Situationin Moskau nicht für günstig erachten», sagte Wiederer und begründete»dies mit der besseren Infrastruktur in ihrem Hauptsitz.
